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Aktuelles aus Brüssel

Netzausbau naturverträglich

Um die erneuerbaren Energien bis 2020 auszubauen und um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird nach Auffassung der Europäische Kommission ein massiver Ausbau der Versorgungsnetze notwendig sein, insbesondere von Hochspannungsleitungen und Gaspipelines. EU-Energiekommissar Günther Oettinger rechnet dafür insgesamt mit einem Finanzbedarf von 200 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren ist der Neubau von Stromtrassen und Pumpspeicherwerken oft durch den Widerstand lokaler Bürgerinitiativen verzögert worden. Es mehrten sich daher Stimmen, der beschleunigte Netzausbau sei nur durch eine Senkung der naturschutzrechtlichen Anforderungen zu erreichen (Naturschutz und Landschaftsplanung 43 (8), 226).

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Mit ihrem Verordnungsentwurf vom 19. Oktober (COM (2011) 658) erteilte die Kommission solchen Forderungen eine klare Absage. Es sei selbstverständlich, so Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Energiekommissar Günther H. Oettinger, dass die EU-Umweltnormen, insbesondere auch die Vorschriften für Natura-2000-Gebiete, uneingeschränkt eingehalten werden müssten. Auch die Bürger sollten im frühest möglichen Stadium einbezogen werden, noch ehe der Projektträger seinen formellen Genehmigungsantrag einreiche. Zur Beschleunigung der „Projekte von gemeinsamem Interesse“ schlägt die Kommission u.a. die Bündelung der Verfahren bei je einer zentralen Behörde pro Mitgliedstaat sowie Ko-Finanzierungsmittel der Union vor. Das Ziel ist die Verkürzung der Verfahrensdauer auf maximal drei Jahre.

Unverständlicherweise stießen diese ausgewogenen Entwürfe weiter auf Widerstand. So forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die Beschleunigung der Verfahren könne nur gelingen, wenn „auch das EU-Naturschutzrecht und andere Regelungen entsprechend angepasst werden“ (DIHK-ECOPost, 02. November). Herbert Reul, Vorsitzender des Industrieausschusses im Europäischen Parlament, machte erneut „den Umweltschutz“ für Verzögerungen bei großen Bauvorhaben verantwortlich: „Ohne eine neue Austarierung zwischen Umweltschutz und Infrastrukturbedarf werden wir die Verfahren nicht ver­kürzen können“ (EurActiv, 19. Oktober 2011).

Um solche in den meisten Fällen unbegründeten Vorurteile abbauen zu können, bemüht sich eine Arbeitsgruppe aus Netzbetreibern in der „Renewables Grid Initiative“ (RGI) und Umweltverbänden wie BirdLife International, dem Dachverband des NABU, dem WWF und Greenpeace seit 2009, eine gemeinsame Position zum Ausbau der Netze bei Wahrung der Umweltstandards zu erarbeiten. Diese „European Grid Declaration“ wurde am 10. November 2011 in Anwesenheit von Kommissar Oettinger im Europäischen Parlament unterzeichnet. In der Erklärung verpflichten sich die Netzbetreiber, die geltenden Umweltstandards im Natur- und Artenschutz einzuhalten und, wo möglich, die mit Stromtrassen verbundenen Risiken etwa durch Erdverkabelung zu minimieren. Die Umweltverbände verpflichten sich, den umweltschonenden Netzausbau zu unterstützen und in gemeinsamen Pilotprojekten Verbesserungsmöglichkeiten zu erforschen.

Energiekommissar Oettinger dankte den Netzbetreibern und Umweltverbänden für ihr gemeinsames Engagement. Er begrüßte die RGI „als exzellente Kooperationsplattform für Umweltverbände und Netzbetreiber, um gemeinsam sinnvolle Lösungen zu finden und umzusetzen“, und betonte erneut, dass der Netzbau „sowohl im gesellschaftlichen Konsens als auch unter Berücksichtigung des Naturschutzes erfolgen“ müsse.

Der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission sowie ergänzende Informat­ionen sind abrufbar unter http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/strategy/2020_en.htm , die „European Grid Declaration“ von Umweltverbänden und Netzbetreibern unter http:// http://www.renewables-grid.eu/ .

Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel,

Claus.Mayr@NABU.de

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