Vorschläge für ein transnationales Weltnaturerbe-Cluster der Buchenwälder Europas
Abstracts
Im Jahr 2007 wurden die Buchenurwälder in den Karpaten in zehn Teilgebieten der Slowakei und der Ukraine zur „UNESCO-Weltnaturerbestätte“ erklärt. Als Ergänzung dazu nominierte die Bundesrepublik Deutschland 2010 fünf weitere Buchenwaldgebiete, die weltweit beispielhaft die noch immer andauernde Entwicklungs- bzw. Ausbreitungsgeschichte eines auf kontinentaler Ebene prägenden Waldökosystems und damit ihren herausragenden universellen Wert repräsentieren. Die „Alten Buchenwälder Deutschlands“ stellen als repräsentativer Ausschnitt des heutigen Arealzentrums der Rotbuchenwälder eine Erweiterung zu den slowakisch-ukrainischen „Primeval beech Forests of the Carpathian“ dar.
Mit der erfolgreichen Welterbe-Anerkennung der deutschen Gebiete eröffnet sich die einmalige Möglichkeit für weitere ergänzende Bewerbungen, die das Erbe der Buchenwälder schrittweise erweitern und zu einem paneuropäischen Cluster vervollständigen könnten. Es werden drei biogeographische Buchenwald-Regionen als essentielle Cluster-Bausteine identifiziert, die das Kriterium des „außergewöhnlichen universellen Werts“ erfüllen. Dabei spielt die „Illyrisch-balkanische Region“ eine herausragende, prioritäre Rolle, da dieser wichtige Baustein im derzeit anerkannten Welterbe-Cluster noch nicht vertreten ist. Vorgestellt wird eine Liste von entsprechenden Suchräumen sowie geeigneten Vorschlagsgebieten einschließlich einer ersten Bewertung der Vorschläge.
Proposals for a Trans-National World-Heritage Cluster of European Beech Forests – Search areas and proposed sites for a pan-European network
In the year 2007 the primeval beech forests of the Carpathians, spread in 10 partial areas of Slovakia and Ukraine, were declared as UNESCO World Heritage Site. As an addition the Federal Republic of Germany designated five further beech forests. They are a representative example of the continuous history of development and spreading of a formative continental forest ecosystem and its predominant universal value. The “Ancient Beech Forests of Germany” are a characteristic section of the present central areal of beech forests and present an extension of the Slovakian – Ukrainian „Primeval Beech Forests of the Carpathians“.
The successful acknowledgement of the German areas as a world heritage site offers the unique possibility for further supplementary applications for gradual extensions, completing a pan-European cluster. The study identifies three bio-geographic beech forest regions as essential components of cluster fulfilling the criterion of an „outstanding universal value“. The „Illyric – Balkan region“ plays a prominent priority role since this important component has not been covered so far in the acknowledged world-heritage cluster. The study introduces a list of respective search areas, proposes possible sites and evaluates their suitability.
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1 Einführung
Das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (abgekürzt: Welterbe-Konvention) wurde im November 1972 von der 17. Generalkonferenz der UNESCO verabschiedet und trat 1975 in Kraft. Bis 2010 haben 187 Staaten die Konvention unterzeichnet; Deutschland ist seit 1976 Mitgliedsstaat. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens verpflichten sich die Länder, die innerhalb ihrer Grenzen gelegenen Welterbestätten wirksam zu schützen und für zukünftige Generationen zu erhalten.
Die Konvention zielt auf den gemeinschaftlichen Schutz von Kultur- und Naturschöpfungen ab, die von herausragender, universeller Bedeutung sein müssen. Das Verfahren zur Aufnahme von Vorschlägen in die Liste der anerkannten Welterbestätten („World Heritage List“) regelt eine Durchführungsrichtlinie („Operational Guidelines“).
In der Durchführungsrichtlinie (UNESCO 2008) sind zwei zentrale Begriffe für die Auswahl von Weltnaturerbestätten von entscheidender Bedeutung: Der herausragende universelle Wert („Outstanding Universal Value“) sowie die Unversehrtheit („Integrity) der jeweiligen Stätte.
Der außergewöhnliche universelle Wert ist durch einen natürlichen Wert gekennzeichnet, der so herausragend sein muss, dass er die nationalen Grenzen durchdringt und sowohl für gegenwärtige als auch für zukünftige Generationen und die gesamte internationale Staatengemeinschaft von Bedeutung ist. Weiter heißt es laut Richtlinie: „Das Übereinkommen soll nicht alle Güter von großem Interesse, Rang oder Wert schützen, sondern nur eine ausgewählte Anzahl der vom internationalen Standpunkt hervorragendsten Güter.“ Für die Begründung von Naturerbestätten sind gemäß der genannten Richtlinie vier Kriterien vorgegeben, von denen mindestens eines erfüllt sein muss:
Das Naturgut sollte überragende Naturerscheinungen oder Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit aufweisen.
Es stellt außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte dar (Entwicklung des Lebens, in Gang befindliche geologische Prozesse etc.).
Außergewöhnliche Beispiele eines bedeutenden, im Gang befindlichen ökologischen und biologischen Prozesses („on-going ecological and biological process“) in der Evolution und Entwicklung von Land- oder Wasser-Ökosystemen sowie Pflanzen- und Tiergemeinschaften werden dargestellt.
Und/oder das Naturgut sollte die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten natürlichen Lebensräume enthalten, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.
Nach den genannten Richtlinien muss ein Gut, um als „von außergewöhnlichem universellem Wert“ zu gelten, auch die Bedingungen der Unversehrtheit („Integrity“) erfüllen und über einen Schutz- und Verwaltungsplan verfügen, der seine Erhaltung sicherstellt. Für Naturgüter, insbesondere auch für das Beispiel „Buchenwälder“, bemisst sich die Unversehrtheit an der Ganzheit und Intaktheit des jeweiligen Gutes. Zu beurteilen ist, inwieweit das Gut
1. alle Elemente umfasst, die notwendig sind, um seinen außergewöhnlichen universellen Wert zum Ausdruck zu bringen;
2. von angemessener Größe ist, um die Merkmale und Prozesse vollständig wiederzugeben, die die Bedeutung des Gutes ausmachen;
3. unter den nachteiligen Auswirkungen von Eingriffen leidet.
Die für Naturgebiete charakteristischen biophysikalischen Prozesse und Merkmale sollten „relativ intakt“ sein. Es wird anerkannt, dass kein Gebiet unter den gegenwärtigen globalen Umweltbedingungen völlig unberührt ist.
2 Zum Begriff „cluster site“ (Sammelgut)
Grundsätzlich ist nach den Ausführungen der Durchführungsrichtlinie nicht nur eine Anerkennung von Einzelobjekten, sondern auch von mehreren, räumlich isolierten Bestandteilen eines Gutes Länder übergreifend möglich, und zwar dann, wenn die Teile des „Sammelguts“ demselben historisch-kulturellen Bereich oder derselben für ein geographisches Gebiet kennzeichnenden Art von Gütern oder derselben geologischen Erscheinungsform, derselben biogeographischen Region oder einem Ökosystem angehören. Das Gut als Ganzes (und nicht unbedingt seine einzelnen Bestandteile) macht dann den außergewöhnlichen universellen Wert aus. Sammelgüter können sich entweder im Hoheitsgebiet eines einzigen Vertragsstaates oder innerhalb verschiedener Vertragsstaaten befinden. Die Anmeldung der Teile des Sammelgutes muss jeweils mit Zustimmung aller beteiligten Vertragsstaaten erfolgen und kann auch gestaffelt vorgenommen werden – unter der Maßgabe, dass das erste angemeldete Gut die Kriterien des „Outstanding Universal Value“ erfüllt. Die Voraussetzungen für ein Sammelgut „Europäische Buchenwälder“ sowie für die Realisierung eines entsprechenden, umfassenden transnationalen Clusters sind somit zumindest formal gegeben.
3 Wert der Buchenwälder als „Naturerbe“ aus globaler Sicht
3.1 Übersicht
Weltweit zählen Buchenwälder zu den Klimax-Ökosystemen begrenzter Verbreitung innerhalb der Zone der nemoralen, sommergrünen Breitlaubwälder. Diese sind auf der nördlichen Hemisphäre in drei größeren Teilarealen im östlichen Nordamerika, in Europa, in Teilen Vorderasiens und in Ostasien verbreitet (Abb. 1). Von den 13 weltweit vorkommenden Buchen-Arten (Fagus spec.) haben jedoch nur drei Arten die Eigenschaft, in ihrem jeweiligen klimatischen Optimalbereich Dominanz zu erlangen, d.h. andere Baumarten zu verdrängen und bestandsbildend zu wirken – und zwar F. sylvatica/orientalis (Anmerkung: Nach neueren Forschungen (Denk et al. 2002) werden F. orientalis und F. sylvatica phylogenetisch als eine Art betrachtet) und F. crenata (sowie eingeschränkt auch F. grandifolia).
So sind z.B. für Mitteleuropa in der unteren und mittleren Bergstufe nahezu reine Fagus sylvatica-Bestände typisch. Mischbaumarten treten in der Regel erst in den standörtlichen Grenzbereichen der Buchenwälder sowie in frühen Phasen ihres Regenerationszyklus‘ verstärkt auf. In Ostasien kommen geschlossene Buchenwälder (Fagus crenata) in der Montanstufe der japanischen Insel Honschu (Shirakami Sanchi) vor, während vergleichbare nordamerikanische Wälder, in denen Fagus grandifolia mit Acer saccharum vergesellschaftet ist („sugar marple beech forests“), infolge menschlicher Eingriffe bereits fast komplett erloschen und in ihrer Struktur stark verändert sind.
Größere natürliche Waldkomplexe mit Fagus orientalis sind hingegen noch in den mittleren Lagen des Elburs-Gebirges (Nordiran) zu finden. Sie gelten als die letzten Refugial- und Reliktgebiete einer arkto-tertiären Vegetation, die vor dem Beginn des Pleistozäns auch weite Teile Europas bedeckte (Knapp 2005). Zahlreiche Laubwald-Gattungen wie z.B. Zelkova oder Pterocarya, die im ausklingenden Tertiär auch in Mitteleuropa vorkamen, sind heute noch in der „kolchisch-hyrkanischen“ Waldregion zu finden. Diese erdgeschichtlich bedeutsamen Wälder beherbergen den bedeutendsten Buchen-Urwaldrestbestand weltweit (Nosrati et al. 2005). Nach Knapp (2008) bereiten Aserbaidschan und Iran die Nominierung eines Clusters dieser Wälder für die UNESCO-Welterbeliste vor („Hyrcan Forests of Azerbaijan and Iran“). Der äußerste Westrand des Orientbuchen-Areals greift im südöstlichen Balkan nach Europa über und beherbergt „Westeuxinische Orientbuchenwälder“ mit dem Tertiärrelikt Rhododendron ponticum (Bohn et al. 2003).
Der rezente Welt-Gesamtbestand an Buchenwäldern dürfte nach vorsichtigen Schätzungen bei 170000 bis 180000 km2 liegen, wobei sich ca. 75 % der Bestände in Europa befinden (siehe auch Abschnitt 3.2). Die Verteilung der Flächen verdeutlicht die herausgehobene, besondere Verantwortung Europas für den weltweiten Erhalt der Buchenwälder. Sie bilden in weiten Teilen des Kontinents die prägende, natürliche Klimaxvegetation und zählen damit zu den bedeutenden Charakter- bzw. „Stamm“-Ökosystemen, die die Natur- und auch die Kulturgeschichte Europas über Jahrtausende hinweg mit beeinflusst haben.
Vegetationsgeschichtlich sind Rotbuchenwälder ein spezifisches, europäisches Phänomen (Peters 1997, Knapp 2007 und 2008, Bohn & Gollub 2007), das – anders als in den Laubwaldzonen der anderen Kontinente – maßgeblich durch den Einfluss der pleistozänen Kaltzeiten geprägt wurde. Unter diesem Einfluss fanden periodisch wechselnde Arealschrumpfungen, Arealausdehnungen sowie Arealaufsplitterungen statt, die die europäische Waldflora in ihrer Zusammensetzung durch Auslöschung der tertiären Elemente nachhaltig verändert haben, in der die Rotbuche jetzt offensichtlich eine Schlüsselrolle spielt. Dieser dynamische Prozess der Arealveränderungen ist als „on-going ecological process“ noch keineswegs abgeschlossen und erlangt vor dem Hintergrund der Klima-Diskussion sogar aktuelle Bedeutung. An ihren nordwestlichen, nördlichen und nordöstlichen Arealrändern schreitet die Ausbreitung der Rotbuche weiter voran (Czajkowki et al. 2006, Lang 1994). Eine vertikale Ausbreitung in den höheren Gebirgslagen ist vor dem Hintergrund des Klimawandels zu vermuten (Manthey 2007).
Zusammenfassend lässt sich der herausragende universelle Wert der Buchenwälder wie folgt charakterisieren:
Europäische Buchenwälder gehören weltweit zu den Klimax-Laubwaldtypen mit begrenzter Verbreitung und dokumentieren ein außergewöhnliches Beispiel für den seit dem Pleistozän in Gang befindlichen Prozess der Ausbreitung einer Pflanzengemeinschaft und ihrer Entwicklung als prägendes terrestrisches Ökosystem im Postglazial (Holozän). Dieses Phänomen ist in seiner Ausprägung auf kontinentaler Ebene weltweit nur in Europa zu beobachten.
Der Prozess der Ausbreitungsgeschichte hat je nach Standort, Höhenstufe und biogeographischer Ausbildung in ihrer Artenzusammensetzung zum Teil sehr unterschiedliche Buchenwaldgesellschaften hervorgebracht, die in ihrer Gesamtheit („Integrity“) das Welterbe ausmachen. Daher ist ihr Welterbe-Wert („Outstanding Universell Value“) nur als Sammelgut und damit nur in einem europaweiten Netzwerk von ausgewählten Einzelgebieten darstellbar.
3.2 Buchenwälder in Europa – Verbreitung, Erhaltungszustand, Schutzstatus
Rotbuchenwälder (Fagus sylvatica) bilden im atlantisch bis subatlantisch geprägten West- und Mitteleuropa die absolut vorherrschende, zonale Vegetation. Sie haben hinsichtlich Bodentrophie und Höhenverbreitung die weiteste Amplitude und nehmen von allen sommergrünen Laubwäldern Europas die größte Flächen ein (Bohn et al. 2003). Das potenzielle natürliche Gesamtareal der durch Fagus sylvatica geprägten Wälder umfasst rund 907000 km2, wobei die oligo- bis mesotraphenten („artenarmen“) Buchenwälder mehr als ein Drittel und die eutraphenten („artenreichen“) Buchenwälder knapp zwei Drittel der potenziellen Arealfläche abdecken würden.
Das gesamte Areal erstreckt sich im Norden über Dänemark und Südschweden bis Südnorwegen und im Süden bis Sizilien (s. Abb. 2). Im kontinentalen Osten beschränkt es sich im Wesentlichen auf feuchtere Gebirgslagen. Im Südosten und mediterranen Süden Europas stocken natürliche Buchenwälder ebenfalls nur in den Gebirgen (Bergmeier 2004, Broggi 1996). Im Arealzentrum der Rotbuchenwälder (westliches Mitteleuropa) reicht die Standortspanne potenziell von den Mittelgebirgen bis in das Tiefland und zur Meeresküste (vgl. Ellenberg 1986). Bedeutende rezente Anteile der in anderen Regionen bereits fehlenden Tiefland-Buchenwälder liegen in Deutschland. Auf der südlichen Balkanhalbinsel wird die Rotbuche Fagus sylvatica allmählich von der „Mösischen Buche“ sowie auf der Krim von der „Taurischen Buche“, beides Kreuzungsformen zwischen F. sylvatica und F. orientalis, und weiter östlich ganz von der Orientbuche abgelöst (Wilmanns 1989). Westeuxinische Orientbuchenwälder sind als westliche Vorposten des asiatischen Areals der Orientbuche hauptsächlich in den Ostausläufern des Balkangebirges und im europäischen Teil der Türkei zu finden. Das potenzielle Gesamtareal der Orientbuchenwälder Europas umfasst nach Bohn et al. (2003) 33590 km2.
Europäische Buchenwälder zeichnen sich durch eine außergewöhnliche syntaxonomische Vielfalt aus. Das gesamte Rotbuchen-Areal umfasst je nach trophischer, oro- und geographischer sowie standörtlicher Prägung 86 verschiedene Gesellschaftseinheiten von Buchen- und Buchenmischwäldern (Bohn et al. 2003). Allein 14 dieser Einheiten überdecken mehr als die Hälfte des potenziellen Gesamtareals, wovon acht Buchenwald-Typen mit bedeutenden Flächenanteilen in Deutschland verbreitet sind. Weitere sechs Gesellschaftseinheiten umfasst das Orientbuchen-Areal.
Waldgeschichtlich und biogeographisch lässt sich das europäische Buchenwald-Areal in mindestens sechs Teilregionen gliedern (Hoffmann & Panek 2006, Lang 1994), in denen nach Dierschke (2004) insgesamt 13 regionale Gesellschaftsverbände verbreitet sind (s. Übersicht 1). Für die nacheiszeitliche Entwicklung der Buchenwälder ist vor allem die „Illyrisch-balkanische Region“ (insbesondere Slowenien/Istrien) von großer Bedeutung, da sich dort wichtige Glazialrefugien der Rotbuche sowie auch anderer Gehölzarten befanden (Bohn et al. 2003, Peters 1997). In dieser Region liegt das Diversitätszentrum der europäischen Buchenwaldflora. 75 der insgesamt 110 Pflanzenarten, die mehr oder weniger eng an Buchenwälder gebunden sind, wurden im Dinarischen Gebirge nachgewiesen (Willner et al. 2009).
Neuere genetische Untersuchungen belegen, dass die heutigen, nach Mitteleuropa eingewanderten Buchen-Populationen hauptsächlich aus dem illyrisch-dinarischen Rückzugsraum stammen (Magri et al. 2006, Ziegenhagen 2009). Weitere Ausbreitungskerne lagen vermutlich in den südlichen Karpaten und in den Westalpen. Ebenfalls nachgewiesene Refugialgebiete in den spanischen Pyrenäen, auf der Balkanhalbinsel und in Süd-Italien spielten bei der Buchen-Ausbreitung in Richtung Norden hingegen keine entscheidende Rolle (Magri et al. 2006).
Aufgrund älterer Literaturangaben dürfte das ursprünglich vorhandene („potenzielle“) Areal der europäischen Buchenwälder um mehr als 85 % geschrumpft sein. Milescu et al. (1967) schätzt den „aktuell“ noch existierenden Fagus sylvatica-Bestand auf rund 132000 km2, wobei sich die Anteile in den einzelnen geographischen Regionen wie folgt verteilen:
Nordeuropa (Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien): ca. 6000 km2;
Zentraleuropa (Frankreich, Benelux, Deutschland, Schweiz, Österreich, Polen, Westkarpaten-Region, Ukraine, Ungarn): ca. 43000 km2;
Südeuropa (Spanien, Italien): ca. 13000 km2;
Balkangebiet (ehemaliges Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Albanien, Griechenland): ca. 70000 km2.
Nach neueren Erhebungen (BfN 2008c) umfasst der rezente Buchenbestand in 16 von insgesamt 27 europäischen Staaten, in denen natürlicherweise Buchenwälder vorkommen würden, eine Fläche von 88770 km2 (für die übrigen Staaten liegen keine statistischen Angaben vor). Zusätzlich nehmen Milescu et al. (1967) für die Orientbuchenwälder Europas (Türkei/Krimregion) einen Gesamtbestand von 3800 km2 an.
Diese Zahlen vermitteln zumindest einen Gesamteindruck von der noch vorhandenen Buchenwald-„Restpopulation“ Europas. Nach neueren Erhebungen nimmt die Buchenwalfläche beispielsweise in Deutschland wieder geringfügig zu. Größere signifikante Anteile von Buchenwäldern sind heute nur noch in vier europäischen Ländern zu finden (BfN 2008c): in Rumänien (19960 km2), Deutschland (15640 km2), Frankreich (15000 km2) und Slowenien (10500 km2).
Buchenwälder wurden in Europa Jahrtausende lang durch menschlichen Einfluss zurückgedrängt bzw. teilweise an ihrer Ausbreitung gehindert. Diese Einflüsse reichen bis in die Zeit der neolithischen Besiedlung Mittel- und Westeuropas zurück. Weide- und Streunutzung, spätere Schneitel-, Nieder- und Mittelwaldwirtschaft sowie die Förderung anderer, „ertragreicherer“ Baumarten haben die natürlichen Bestände drastisch verändert und zum Teil ganz vernichtet. Vor allem für die Holzkohlegewinnung spielten Buchenwälder in Verbindung mit der bereits in der Bronze- und Eisenzeit aufkommenden Metallherstellung eine zentrale Rolle. Fast alle heute noch vorhandenen Buchenwälder werden mehr oder weniger forstwirtschaftlich genutzt und sind in ihrer Struktur sowie in ihrem Artengefüge stark verarmt.
Infolge der Flächenverluste und strukturellen Veränderungen sind heute kaum noch ursprüngliche, vollkommen „unversehrte“ Buchenwälder erhalten geblieben. Nennenswerte Urwaldreste sind verstreut hauptsächlich in den teilweise schwer zugänglichen Montanstufen der Gebirgsregionen im Osten und Südosten Europas zu finden, namentlich in den Westkarpaten (nach Korpel rund 7000 ha), in den ukrainischen Wald-Karpaten (ca. 11300 ha) und in den rumänischen Ost- und Südkarpaten (nach Stoiculescu 2007 immerhin ca. 141100 ha!). Der größte unzerschnittene Buchen-Urwaldkomplex innerhalb der europäischen Laubwaldzone liegt in der Kernzone „Uholka-Schyrokyj Luh“ im ukrainischen Karpaten-Biosphärenreservat und umfasst eine Fläche von 8550ha (Brändli & Dowhanysch 2003). Größere unberührte Buchenwälder sind außerdem vor allem noch in Rumänien (Südkarpaten) existent. Die meist nicht ausreichend geschützten Bestände sind zunehmend durch unkontrollierte Abholzungen gefährdet. Nach neuesten Erhebungen von Veen et al. (2010) wurden in den Ländern Rumänien, Bulgarien und Ukraine („Transkarpatien“) insgesamt rund 176000 ha als „Buchen-Urwälder“ erfasst. Im Verbreitungsgebiet der kaspischen Laubwälder, die Bestände der Orientbuche einschließen, sollen noch Primärwaldflächen in der Größenordnung von 100000 ha vorhanden sein (Knapp 2005).
In den Karpaten sowie auch in der Alpen- und Balkanregion umfasst der Anteil der strengen Schutzflächen, die noch Urwälder im weitesten Sinne beherbergen, nach neueren EU-weiten Erhebungen insgesamt rund 300000 ha (Parviainen 2005). Hohe Anteile geschützter (meist kleinerer) Urwaldreste liegen in den Ländern Slowakei, Bulgarien, Albanien und Slowenien. Der dortige Anteil geschützter Buchenwälder ist leider nicht bekannt. In West- und Mitteleuropa sind geschützte Flächen mit Laub- und insbesondere mit Buchenwäldern deutlich unterrepräsentiert. In Deutschland beträgt der Anteil streng geschützter Buchenwälder weniger als 0,5 % der nationalen Waldfläche (BfN 2008c, Knapp 2007, Scherfose et al. 2007).
3.3 Essentielle Bausteine eines gesamteuropäischen Welterbe-Clusters
Der universelle, außergewöhnliche Wert der europäischen Buchenwälder lässt sich in ihrer Vielfalt vollständig nur in einem transnationalen Cluster abbilden (vgl. Abschnitt3.1), das alle wesentlichen Teilareale mit ihren jeweiligen Besonderheiten (die zusammen das „Welterbe“ ausmachen) repräsentativ erfasst. Insofern ist kein europäisches Land allein in der Lage, dieses Cluster zu verwirklichen. Aus fachlicher Sicht sind drei biogeographische Buchenwald-Regionen in ihrer Bedeutung als Cluster-Baustein besonders hervorzuheben (Hoffmann & Panek 2006, Plachter et al. 2007):
karpatische Region mit den größten rezenten Anteilen von Buchen-Primärwäldern Europas (in den Ländern Slowakei, Ukraine, Rumänien);
mitteleuropäische Region mit ihrer großen standörtlichen Breite von Buchenwäldern und ihren Schwerpunkt-Vorkommen von „bodensauren“ Buchenwäldern sowie den einzigen prägnanten Tiefland-Buchenwäldern innerhalb des europäischen Gesamtareals;
illyrisch-balkanische Region als ehemals bedeutender glazialer Refugialraum und Diversitätszentrum der europäischen Buchenwaldflora im Übergang zu den vorderasiatischen Buchen-Vorkommen („mösisches Element“). Illyrisch-balkanische Buchenwälder weisen im Vergleich mit den phylogenetisch „jungen“ Buchenwäldern Mitteleuropas eine längere Habitat-Tradition auf. Im südöstlichen Balkan stellen die „Westeuxinischen Orientbuchenwälder“ eine für die Entwicklungsgeschichte der Buchenwälder bedeutende Reliktgesellschaft dar.
Ergänzend dazu sollte die atlantisch-westeuropäische sowie südeuropäische Buchenwaldregion mit ihren ehemals glazialen Refugialgebieten in den Pyrenäen und in Süd-Italien in das Cluster einbezogen werden.
3.4 Übersicht potenziell geeigneter Cluster-Bestandteile
In Tab. 1 sind für die biogeographischen Buchenwald-Regionen insgesamt 51 einzelne geeignete Schutzgebiete sowie Suchräume für den Aufbau eines gesamteuropäischen Clusters aufgelistet. Die Liste basiert auf einer vorläufigen Literaturauswertung (Bergmeier 2004, Bohn et al. 2005, Broggi 1996, Brunet & Fritz 2011, Catorci et al. 2010, Hoffmann & Panek 2006, Mayer 1987, Pedrotti 2005, Šip 2006, Stoiculescu 2007, Tabaku & Luarasi 2011, Tzonev 2011, Veen et al. 2010). Die vorliegende Auswahl erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Ein Teil der Suchräume und Gebiete wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie bereits näher evaluiert (Hoffmann & Panek 2006, Plachter et al. 2007). Dabei spielten Merkmale wie z.B. Gebietsgröße, Naturnähegrad („Unversehrtheit“) und Schutzstatus als Auswahlkriterien eine gewichtige Rolle. Das vorläufige Grundgerüst bilden die fünfzehn bereits als Weltnaturerbe anerkannten Gebiete in der Slowakischen Republik, in der Ukraine und in Deutschland (siehe auch Abschnitt 4.1). Für den mitteleuropäischen Raum sind weitere Ergänzungsgebiete im südskandinavischen, im westlich-subatlantisch beeinflussten Arealteil sowie im Montanbereich der Mittelgebirge aufgeführt, die teilweise die größten geschlossenen (unzerschnittenen) Waldkomplexe im Verbreitungszentrum der Rotbuche beherbergen (Pfälzerwald/Vogesen, Bayerischer Wald/Šumava). Weitere wichtige naturnahe bzw. natürliche Buchenwälder befinden sich in den rumänischen Karpaten (ebenfalls in Ergänzung zu den in der Welterbeliste eingetragenen Gebieten der Karpaten-Region).
Für die Vervollständigung des Clusters prioritär bedeutsam ist der noch fehlende Baustein der „Illyrisch-balkanischen Region“. Bedeutende Buchenwaldgebiete dieser Region liegen im kroatisch-slowenischen Grenzraum sowie im Zentralbalkan mit mehreren streng geschützten Kernzonen, die jeweils 1000 bis 3000 ha große unberührte Waldkomplexe beherbergen, im Südbalkan und im Strandzja-Gebirge (Orientbuchenwälder). In den Gebirgslagen Südeuropas sind in den dortigen Buchenwäldern natürlicherweise meist Nadelgehölze wie Weißtanne und/oder Fichte beigemischt.
Eine spezifische Begründung für die Eintragung der genannten prioritären Ergänzungsgebiete im Rahmen eines europaweiten Weltnaturerbe-Clusters leitet sich aus deren Wertigkeit für den noch im Gang befindlichen Entwicklungs- sowie Entstehungsprozess der europäischen Buchenwälder ab. Insbesondere die illyrisch-balkanischen Gebiete repräsentieren die wichtigsten Glazialrefugien mitteleuropäischer Laubwaldsippen und insbesondere die Haupt-Ausbreitungskerne der europäischen postglazialen Rotbuchen-Population (vgl. Abschnitte 3.2 und 3.3). Vegetationsgeschichtlich spielte Fagus in Südosteuropa bereits in den vorangegangenen interglazialen Warmzeiten eine beachtliche Rolle als Waldbaumart, während sie zum gleichen Zeitpunkt im mitteleuropäischen Raum nördlich der Alpen kaum in Erscheinung trat (Lang 1994). In der balkanischen Region sind zudem auch glaziale Refugien der Orientbuche zu vermuten. Die dortigen rezenten Vorkommen vermitteln zu den kolchisch-hyrkanischen Orientbuchenwäldern als letztes Relikt einer artenreichen, einst europaweit verbreiteten, arkto-tertiären Waldvegetation. In der Grenzregion Südosteuropa/Vorderasien dürfte auch das Ursprungsgebiet der eurasischen Fagus-Sippe angesiedelt sein – mit einer östlichen („orientalis“) und einer westlichen („sylvatica“) Entwicklungslinie, die vermutlich erst im Verlauf des Pleistozäns entstand (Denk et al. 2002, Kvacek & Walther 1989, Lang 1994).
4 Bisherige Nominierungsaktivitäten
4.1 Primär deutsche Aktivitäten
In einer vom Bundesumweltministerium beauftragten Vorstudie wurden Vorschläge für weitere Weltnaturerbe-Nominierungen in Deutschland systematisch gesammelt und bewertet (Plachter et al. 2006), nachdem festgestellt wurde, dass diesbezüglich auf nationaler Ebene erhebliche Defizite vorherrschen (bisher nominiert und anerkannt wurden lediglich zwei deutsche Weltnaturerbestätten). In der Studie enthalten war u.a. auch erstmalig der Vorschlag für ein deutsches Buchenwald-Cluster als Bestandteil einer seriellen, europaweiten Nominierung. Erste Überlegungen zur „Weltnaturerbe“-Bedeutung von Buchenwäldern wurden in Hessen bereits im Zuge der Diskussion um einen „Nationalpark Kellerwald“ angestellt (Panek 1999 a, b) und mit der Gründung eines privaten Vereins (Buchenwald-Institut) vorangetrieben. Im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz wurde 2006 schließlich eine Machbarkeitsstudie erstellt, in der erstmalig konkrete Vorschläge für ein Cluster deutscher Buchenwälder ausgearbeitet und die fachlichen Grundlagen für eine Nominierung geschaffen wurden (Hoffmann & Panek 2006, Plachter et al. 2007, Engels & Britz 2007), den die Bundesrepublik Deutschland im Februar 2010 beim UNESCO-Welterbezentrum eingereicht hatte. Bereits 2007 wurde ein Cluster „Karpatische Buchenurwälder“ auf Antrag der Länder Ukraine und Slowakische Republik als Weltnaturerbestätte anerkannt. Die Anerkennung der deutschen Buchenwaldgebiete als Erweiterung und Ergänzung zur slowakisch-ukrainischen Eintragung erfolgte schließlich im Juni 2011.
4.2 Anerkannte Weltnaturerbestätte “Primeval Beech Forests of the Carpathians”
Die karpatische Region beherbergt die letzten größeren, zusammenhängenden Rotbuchen-Urwälder des europäischen Kontinents. Sie bieten ein weltweit außergewöhnliches Beispiel für weitgehend unzerstörte, komplex überlieferte Laubwälder der Montanstufe, die von der Buche beherrscht werden. Laut Begründung des Nominierungsdossiers konnte dort seit der letzten Eiszeit die natürliche Walddynamik ununterbrochen ablaufen. Außerdem beherbergen die Waldkomplexe noch intakte Restpopulationen der einst in ganz Europa verbreiteten Großfauna (Braunbär, Wolf, Luchs etc.). Das Welterbe-Cluster umfasst zehn Teilgebiete (Größen der Einzelgebiete: zwischen 11860 und 67,1 ha) mit einer Gesamtfläche von 29278ha (s. Tab. 1) sowie einer zusätzlichen Pufferzone von 48692,7ha.
4.3 Erweiterungscluster „Ancient Beech Forests of Germany“
Innerhalb Europas ist Deutschland das Land, in dem das Zentrum des Weltareals der Rotbuchenwälder liegt und das somit den größten natürlichen Arealanteil aller in Frage kommenden Länder aufweist. Buchenwälder würden von Natur aus 66 % der Landfläche Deutschlands bedecken und damit etwa 25 % (= 230000 km2) des Gesamtareals der europäischen Buchenwälder einnehmen. Historisch-kulturelle Entwicklungen haben dazu geführt, dass diese Wälder im deutschen Arealzentrum durch direkte Zerstörung und Nutzungseingriffe heute auf mehr als 90 % ihres potenziellen Areals fehlen (vgl. Abschnitt 3.2).
Die Begründung zur Eintragung in die Welterbeliste stellt als „außergewöhnlichen universellen Wert“ den noch immer in Gang befindlichen Prozess der Buchenwaldausbreitung in Mitteleuropa (Arealzentrum) und der damit verbundenen „evolutiven Entwicklung“ des Ökosystems heraus. In Ergänzung (und im Vergleich) zu den karpatischen Buchenwäldern beherbergt das deutsche Cluster die „herausragendsten Beispiele“ dieses Entwicklungsprozesses (Anonymus 2009).
Es umfasst fünf Teilgebiete (Einzelgrößen zwischen 1573,4 und 268,1 ha) mit einer Gesamtfläche von 4391,2 ha (Tab. 1) sowie einer zusätzlichen Pufferzone von 13696,1 ha.
5 Welterbe: Verpflichtung – Chance – Herausforderung
5.1 Möglichkeit zur Ergänzung
Die Einschreibung der fünf deutschen Buchenwaldgebiete in die UNESCO-Welterbeliste als Erweiterung der bereits seit 2007 anerkannten „Karpatischen Buchenurwälder“ eröffnet auch weiteren europäischen Staaten die Möglichkeit, das bisherige Cluster durch weitere geeignete Gebiete zu ergänzen. Die Durchführungsrichtlinie ermöglicht ausdrücklich eine gestaffelte Meldung des Sammelguts (siehe Abschnitt 2). Erstmalig bestünde die Chance, den herausragenden Naturwert eines Ökosystems, dessen Entwicklungsgeschichte fast einen ganzen Kontinent geprägt hat, als umfassendes paneuropäisches „Welterbe“ zu etablieren und dessen Schutz in den Verantwortungsbereich der gesamten Menschheit zu übertragen. Eine solche „kontinentale“ serielle Nominierung wäre zudem möglicherweise ein beispielgebendes Modell für die Praxis zukünftiger Welterbe-Anerkennungen vor dem Hintergrund der aktuellen globalen Entwicklung, die eine intensivere Zusammenarbeit auf internationaler bzw. multilateraler Ebene geradezu herausfordert (s. auch Plachter et al. 2007).
5.2 Schutzdefizite auf nationaler Ebene und Deutschlands Verantwortung
Mit dem Nominierungsprozess zum Weltnaturerbe geht Deutschland die besondere globale Verpflichtung ein, den Bestand der Rotbuchenwälder in seiner Gesamtheit zu erhalten und in seiner biologischen Vielfalt zu schützen. Ein solcher Schutz kann sich nicht allein auf die fünf nominierten „Welterbe“-Buchenwaldgebiete beschränken, sondern muss alle Buchenwaldbestände des Landes in repräsentativen Anteilen umfassen (BfN 2008b, Knapp et al. 2007 und 2008, Panek 2008 und 2011). Zurzeit beträgt der Anteil streng geschützter (nutzungsfreier) Buchenwälder in Deutschland lediglich rund 50000 ha (BfN 2008c). Für die Einrichtung eines fachlich begründeten Systems von großen Naturschutz-Vorranggebieten wäre jedoch ein Flächenbedarf von mindestens 250000 ha erforderlich (Panek 2011). Nach der von der Bundesregierung beschlossenen „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ sollen bis 2020 fünf Prozent der Wälder Deutschlands der Naturentwicklung überlassen werden (BMU 2007). Zudem müssten verbindliche Naturschutz-Standards für Buchen-Wirtschaftswälder nach einheitlichen Vorgaben definiert und flächendeckend eingeführt werden. Bis auf einige programmatische Absichtserklärungen und punktuelle Umsetzungsbeispiele auf Bundes- bzw. Länderebene existiert jedoch zurzeit keine einheitliche, umfassende Schutzkonzeption für Buchenwälder in Deutschland.
5.3 Handlungsbedarf auf europäischer Ebene
Wie bisher aufgezeigt, sind mit der bereits erfolgten Anerkennung der karpatischen Buchenurwälder sowie der deutschen Buchenwälder bereits zwei der drei wichtigen „Bausteine“ für ein gesamteuropäisches Buchenwald-Cluster berücksichtigt. Neben einigen Ergänzungen in der west, mittel- und südeuropäischen sowie karpatischen Region (siehe Abschnitt 3.4) fehlt noch ein Teil-Cluster für den wichtigen dritten Baustein der illyrisch-balkanischen Buchenwald-Region (Abschnitt 3.4. – „prioritäre Ergänzungsgebiete“). Es bietet sich die Möglichkeit, diesen bisher noch fehlenden Baustein zu realisieren und damit das gesamteuropäische Cluster zu vervollständigen. In diesem Fall sollte der Prozess einer möglichen weiteren Nominierungsstaffel zunächst auf Staaten übergreifender, fachwissenschaftlicher Ebene vorangetrieben und hierfür die internationalen Kontakte auf administrativer Ebene genutzt werden. Deutschland sollte in diesem Prozess eine federführende und koordinierende Rolle übernehmen.
Dank
Für fachliche Hinweise und Anregungen bei der Erstellung des Manuskripts danke ich Herrn Prof. Dr. Hans Dieter Knapp (Insel Vilm).
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Anschrift des Verfassers: Dipl.-Ing. (Landespflege) Norbert Panek, An der Steinfurt 13, D-34497 Korbach, E-Mail norbertpanek@gmx.de .
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