Verantwortung für den Rotmilan
Nun endlich: Nach monatelangem Warten ist das lange angekündigte Bundesprogramm Biologische Vielfalt veröffentlicht, ein Förderinstrument zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Bundes. Viele Initiativen in Deutschland stehen in den Startlöchern, um ihre Projektideen mit einem kleinen Stück vom Kuchen der neuen Bundesförderung umzusetzen.
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15 Millionen Euro pro Jahr sollen zunächst unbefristet – zuvor war von voraussichtlich sechs Jahren die Rede – zur Verfügung stehen. Die neue Förderung hat damit etwa das jährliche Finanzvolumen des seit über 30 Jahren bewährten Programms für Naturschutzgroßprojekte des Bundes.
40 „Arten in besonderer Verantwortung Deutschlands“ bilden einen von vier thematischen Schwerpunkten der Förderung. Wie zum Beispiel der Rotmilan, der das Titelbild dieser Ausgabe schmückt: Er besitzt nur ein kleines, auf Europa begrenztes Areal mit einem Weltbestand von knapp 21 000 Brutpaaren – seine höchste Siedlungsdichte erreicht er in Deutschland. Und er ist die einzige von insgesamt 250 deutschen Brutvogelarten, von der mehr als die Hälfte aller Vögel in unserem Land brüten.
Der Rotmilan illustriert sehr schön, dass auch der Artenschutz heute kaum mehr bewaffnet mit dem Spaten oder einer Säge in der Hand im Do-it-yourself-Verfahren funktioniert. Soll der Milan wirksam geschützt werden, so bedarf es dreierlei: An erster Stelle grundsätzlicher Veränderungen in der europäischen Agrarpolitik. Zweitens: Auf die sich verschärfenden Konflikte mit immer mehr und immer höheren Windkraftanlagen, die sich jetzt auch anschicken, den Wald zu erobern, haben wir erst im letzten Heft hingewiesen. Da braucht es eine überregionale räumliche Steuerung zur Konfliktlösung. Und drittens wirkt auch die forstliche Nutzung von alten Laubwäldern negativ auf den Bruterfolg des Rotmilans. Ergo: Wer den Rotmilan schützen will, kommt gar nicht umhin, mit Verwaltungen und Politik in den Ländern, in Bonn und Berlin und vor allem in Brüssel über die Zukunft der Kulturlandschaft zu diskutieren. Nicht akademisch, sondern ganz konkret. Horste zu bewachen, wie bei Adler, Falke und Uhu, war da einfacher.
Keine leichte Aufgabe also, der sich die Naturparke in Deutschland stellen wollen: Im ersten Hauptbeitrag dieses Heftes geht es am Beispiel zweier Verantwortungsarten – Rotmilan und Mittelspecht – um die Frage, inwieweit Naturparke als besonders flächenwirksame Schutzgebietskategorie in Deutschland sich um Artenschutz bemühen. Von vielen müde bis mitleidsvoll belächelt, bieten gerade Naturparke die Chance, flächenrelevant Naturschutz zu entwickeln, nehmen sie doch 26 % der Bundesfläche ein. So gesehen ist es nur richtig, gerade dort beispielhafte Projekte umzusetzen und den vielfach besonders in den westdeutschen Ländern noch unterentwickelten Gedanken des Naturschutzes zu fördern.
Dafür allerdings ist ein 15-Millionen-Programm weitaus zu wenig. Sicher, ein lobenswerter Anfang. Und möglicherweise kann es ein wenig Wettbewerb auslösen: Wenn der Bund fördert, kann sich das Land nicht lumpen lassen und stockt seine Etatansätze für Naturschutzprojekte auf. Bedarf und Ideen sind jedoch weitaus größer. Und da hilft nur eine „GNP“: eine „Gemeinsame Naturschutz-Politik“ in Brüssel analog zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Wäre das nicht logische Konse-quenz aus dem Scheitern des 2010-Ziels zu Stopp und Umkehr des Biodiversitätsverlusts, um 2020 nicht wieder vor einem Scherbenhaufen zu stehen?
Es wird so viel Geld unsinnig ausgegeben. Nein, lassen wir die Agrarsubventionen mal außer Acht. Da flattert uns gerade eine Empfehlung des deutschen Kampagnenbüros zum „Internationalen Jahr der Wälder 2011“ an seine Partner auf den Tisch, sich doch an einer Verlagsbeilage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit einer Anzeige zu beteiligen. „Wir möchten Sie bitten, dieses Projekt nach besten Kräften zu unterstützen“, empfiehlt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Macht 20000 Euro plus Umsatzsteuer für eine Drittel, 30000 Euro für eine halbe Seite Anzeige. Bringt das etwas? Sollte Ministerin Aigner die Zeitung lesen, könnte man ja ihre zahnlose Waldstrategie kritisieren. Oder wählt man doch lieber den Rotmilan als Botschafter für einen Wald ohne Windräder?
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