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Kurz berichtet

Mittelspannungsmasten für ­Vögel weiterhin hoch gefährlich

Ein Beispiel aus dem Biosphärenreservat Elbtalaue
Die Umrüstung gefährlicher Mittelspannungsmasten, welche die Netzbetreiber bis Ende 2012 abgeschlossen haben müssen, verläuft schleppend. Das belegt eine gerade abgeschlossene Untersuchung der „Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e. V. (EGE)“.

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Zusammen mit der Stiftung „The Stork Foundation“ und mit finanzieller Förderung des Komitees gegen den Vogelmord e.V. hat die EGE ein 42 km² großes Gebiet in der Elbtalaue in Niedersachsen auf gefährliche Mittelspannungsmasten hin untersucht. Das Gebiet der Stichprobe wurde zufällig ausgewählt. Das Untersuchungsgebiet umfasst in der Hauptsache niedersächsisches Gebiet und einen kleinen Bereich Mecklenburg-Vorpommerns.

Die EGE hat in dem 42 km² umfassenden Gebiet, das überwiegend zum Landkreis Lüneburg gehört, 291 Mittelspannungsmasten registriert. Von diesen Masten erwiesen sich 125 (das sind 43 %) als gefährlich. 57 % wiesen keine Beanstandungen auf. Zu den Masten ohne Beanstandungen zählen 46 ausreichend entschärfte Masten. Bei diesen Masten sind die gefährlichen Stellen zumeist mit Hauben abgedeckt.

An 21 von verbleibenden 125 gefährlichen Masten waren zwar Entschärfungsbemühungen erkennbar. Die dazu durchgeführten Maßnahmen sind allerdings unzureichend oder unwirksam. Das gilt z.B. für insbesondere an Abspannmasten angebrachte Ringgitter. Untersuchungen belegen, dass diese kostenaufwändige Maßnahme Weißstörche nicht hinreichend vor dem Stromtod schützt. Daher hat die Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten Ringgitter als untauglich verworfen. Masten mit solchen Ringgittern stellen den größten Anteil der als unzureichend entschärft klassifizierten Masten. Als unzureichend entschärft sind auch die Masten anzusehen, bei denen die Abdeckhauben unzulässigerweise gekürzt wurden.

Bei den festgestellten gefährlichen Masten handelt es sich größtenteils um Betonmasten mit angeschraubter Traverse, geringen Phasenabständen und stehenden Isolatoren. Mit dem Anbringen von Abdeckhauben ließen sich diese Masten relativ leicht und wenig aufwändig entschärfen.

Die ausreichend gesicherten Masten stellen mit 16 % – nach der Gruppe der unzureichend entschärften Masten – den kleinsten Anteil. Dies zeigt, dass die örtlichen Netzbetreiber bisher wenig unternommen haben, um in der gesetzlich festgesetzten Umrüstungsfrist ihren Verpflichtungen nachzukommen. Allein in dem 42 km² großen Probegebiet müssen mithin bis zum 31. Dezember 2012 noch 125 Masten umgerüstet werden. Der Umstand, dass etwas mehr als die Hälfte der im Gebiet stehenden Masten wenig gefährlich ist, beruht nicht auf einer gezielten Umrüstung, sondern verdankt sich der Tatsache, dass hier weitgehend ungefährliche Masttypen zum Einsatz kamen.

Die Zahlen müssen auch deshalb nachdenklich stimmen, weil ein beträchtlicher Teil der Masten in einem EG-Vogelschutzgebiet und im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue steht, also in Gebieten, die eigens zum Schutz der Vögel eingerichtet worden sind. Rechnet man die festgestellte Zahl gefährlicher Masten auf das Biosphärenreservat mit einer Fläche von insgesamt 568 km² hoch, muss dort mit 1700 für Vögel hochgefährlichen Mittelspannungsmasten gerechnet werden. Auf ein einziges Revier eines Weißstorchpaares beispielsweise kämen damit statistisch gesehen mehr als zehn gefährliche Masten.

Das Probegebiet zählt zum Territorium der ehemaligen DDR und war erst Mitte der 1990er Jahre zu Niedersachsen gekommen. Dies kann die Befundlage allerdings kaum relativieren und spricht auch nicht gegen eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf westdeutsche Gebiete. Eher im Gegenteil: Im Gebiet der ehemaligen DDR weist die Infrastruktur 20 Jahre nach der Wiedervereinigung in vielerlei Hinsicht einen moderneren Stand auf als in Westdeutschland.

Gefährliche Mittelspannungsmasten sind der Grund für den Tod zahlreicher größerer Vogelarten wie Weiß- und Schwarzstorch, Eulen und Greifvögel. Bei Berührung spannungsführender Teile der Masten können die Vögel aufgrund ihrer Größe leicht Erd- und Kurzschlüsse verursachen, die zu einem tödlichen Stromschlag führen. Diese Gefahr geht von vielen Masten der eher unscheinbaren Mittelspannungsleitungen aus. Allein in Deutschland wird der Bestand gefährlicher Masten dieses Netzes auf 350000 geschätzt – mit dramatisch hohen Verlusten zahlreicher europäischer Vogelarten. Dabei sind längst technische Lösungen für eine vogelschutzkonforme Konstruktion neuer Masten und das Nachrüsten alter Masten entwickelt worden. Das Bundesnaturschutzgesetz hat deshalb nach unzureichend eingelösten Selbstverpflichtungen der Netzbetreiber 2002 die Errichtung gefährlicher Masttypen strikt verboten. Es verlangt von den Netzbetreibern zudem die Umrüstung des Altbestandes gefährlicher Masten bis spätestens Ende 2012.

Die EGE hat die Ergebnisse dem niedersächsischen Umweltminister vorgelegt und an ihn einen dringenden Appell gerichtet, die Netzbetreiber zum Einlösen der gesetzli­chen Umrüstungspflichten anzuhalten.

„Zwar ist die gesetzlich geschuldete Umrüstung der Masten Sache der Netzbetreiber. Die Länderregierungen haben aber darüber zu wachen und darauf hinzuwirken, dass die Vorschriften des Naturschutzrechts eingehalten werden. Die Länderumweltminister müssen sich der Sache endlich annehmen und die Netzbetreiber zum Handeln bewegen“, so die EGE im Schreiben an den Minister.

Anschrift des Verfassers: Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen e.V. (EGE), Breitestraße 6, D-53902 Bad Münster­eifel, E-Mail egeeulen@t-online.de , Internet http://www.ege-eulen.de .

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