Waldstrategie auf dem Holzweg?
>Berlin. Der Entwurf der „Waldstrategie 2020“ für Deutschland lag im Oktober 2010 den Umweltverbänden vor und soll zum internationalen Jahr der Wälder 2011 präsentiert werden. Das Bundesforstministerium steckt mit diesem peinlichen Konzept für eine neue Waldpolitik in einer Sackgasse namens Holzweg.
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Die Waldstrategie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) umfasst 27 Seiten (Entwurf vom 19.10.2010). Das Leitbild steht im Untertitel: „Nachhaltige Waldnutzung – eine gesellschaftliche Herausforderung“. Es geht um Nutzung, und zwar primär von Holz. Die Strategie befasst sich mit der Frage, wie der inländische Holzbedarf auch zukünftig gedeckt werden kann. Um die Forst-Ressourcen effizient zu nutzen, wird Produktivitätssteigerung vorgeschlagen, mit Hilfe von exotischen Baumarten, optimierten Umtriebszeiten, zielgerichteter (nicht natürlicher) Bestandsverjüngung und leistungsfähigen Forstpflanzen. Der Bedarf des Marktes an Nadelholz soll berücksichtigt werden. Beim Kapitel Klimaschutz wird die Milchmädchen-Rechnung aufgemacht, dass alte Wälder weniger CO2 binden würden als junge und daher dem Klimaschutz nicht nutzten. Es wird suggeriert, Häuser oder Möbel seien bessere Kohlenstoffspeicher als Wald.
Auf gut zwei Seiten wird Biodiversität abgehandelt. Die Lösung für die „Herausforderungen“ des Naturschutzes und der Biodiversitätsstrategie lautet dann „Schutz durch Nutzung“. Die Ausweisung zusätzlicher Schutzflächen „sollte auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden“, heißt es. Immerhin wird ein „hot spots“-Konzept mit Prozessschutzansätzen, das vom Bundesamt für Naturschutz beauftragt wurde, positiv erwähnt. Auch wird ein höherer Anteil von zertifizierten Waldflächen gefordert – allerdings ohne die verschiedenwertigen Zertifikate zu priorisieren.
Die Umweltverbände BUND, DNR, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace, NABU und WWF haben im November 2010 in einem Brief und einem Zehn-Punkte-Katalog an Bundesforstministerin Ilse Aigner den Entwurf der Waldstrategie stark kritisiert. Die Verbände sind dabei letztlich inkonsequent, denn sie fordern „inhaltliche Verbesserungen“ an einem Konzept, dessen Thema völlig verfehlt wurde.
Der Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) hält eine grundsätzliche Überarbeitung der Waldstrategie für dringend erforderlich. Die waldpolitischen Ziele der Bundesregierung, die u.a. in den nationalen Strategien zu Nachhaltigkeit und Biodiversität formuliert seien, müssten klar zum Ausdruck kommen. Der Entwurf vom 19.10. sei zu einseitig holzwirtschaftlich ausgerichtet und trage der gesellschaftlichen Bedeutung des Waldes zu wenig Rechnung.
Mein Fazit: Die Verfasser der Waldstrategie hatten mit Waldökologie und Waldnaturschutz offenbar nichts an ihrem Försterhut. Die ökonomisch orientierte Strategie hat nicht einmal die international gerühmten Erfahrungen von solchen deutschen Vorbildforsten berücksichtigt, die mit naturgemäßer Forstwirtschaft und Prozessschutz schwarze Zahlen schreiben. Zu wünschen wäre eine völlig neue Waldstrategie unter Federführung des Bundesumweltministeriums, das beim Konzept der nationalen Biodiversitätsstrategie erfolgreich mit vielen gesellschaftlichen Akteuren zusammengearbeitet hat. Das erlauben leider die Ressortprinzipien nicht. Die Zukunft des Waldes ist jedoch nur mit ressortübergreifendem Denken für die Gesellschaft zu sichern.
Barbara Froehlich-Schmitt
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