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Tagungsbericht

Biodiversität braucht Raum

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (IÖR) lud zu einer Tagung mit dem Titel „Biodiversität braucht Raum! NaturRäume für biologische Vielfalt, Natur­erlebnis und Lebensqualität“.

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Es sollte deutlich gemacht werden, dass es eines Wandels im Umgang mit der Flächennutzung bedarf.

Dr. Ulrich Walz (IÖR) führte in das Thema „biologische Vielfalt“ ein und nannte als wesentlichen Grund für den Verlust an Biodiversität in Mitteleuropa den starken Flächenbedarf für Siedlungen und Verkehrsinfrastruktur sowie die dadurch verursachte Landschaftszerschneidung. Raumentwicklung und Raumwissenschaft hätten eine besondere Verantwortung zum Erhalt der Biodiversität.

Dr. Alfred Herberg (BfN) stellte durch die Bundesregierung beschlossene Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt dar. Eine erfolgreiche Umsetzung der Nationalen Strategie sei nur unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Akteure möglich. Aus diesem Grund werde ein dialogorientierter Umsetzungsprozess durchgeführt, z.B. die jährlichen Nationalen Foren.

Den Einfluss des Klimawandels auf die biologische Vielfalt verdeutlichte Dr. Katrin Voh­land vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. In Deutschland sei eine kleinteilige Schutzgebietskulisse vorhanden, die das Risiko lokaler Aussterbeereignisse erhöhe. Durch den Klimawandel werde diese Problematik verstärkt, da es z.T. zu erheblichen räumlichen Verschiebungen von geeigneten Lebensräumen käme. Daher bestehe Bedarf an großräumigen, ungestörten Lebensräumen und deren Vernetzung, damit Anpassungen erfolgen und Arten in klimatisch geeignetere Gebiete ausweichen können. Diese Szenarien stelle die Landschaftsplanung vor große Herausforderungen.

Dr. Juliane Mathey (IÖR) legte dar, das Städte oft eine große Lebensraumvielfalt aufweisen und viele gefährdete Arten beherbergen. Dabei sei nicht nur die Quantität der Habitate, sondern auch die Qualität zu beachten. Am Beispiel der Stadt Leipzig erläuterte sie, dass z.B. durch „Gestattungsvereinbarungen“ Möglichkeiten geschaffen werden können, auf Brachen dauerhaft oder temporär Raum für biologische Vielfalt anzubieten. Durch die Landschaftsplanung könne ein neues Stadtbild geprägt werden. Es sei jedoch auf eine starke Öffentlichkeitsbeteiligung zu achten, damit eine Aufwertung für Belange der biologischen Vielfalt auch wirklich dauerhaft seien.

Mit Betrachtungen zum Thema Stadtnatur und Lebensqualität schloss sich Prof. Dr. Konrad Reidl (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen) an. Gute Umweltbedingungen besäßen eine zentrale Bedeutung für urbane Lebensqualität und entschieden oft über Zu- oder Wegzug. Bereits Stadtparks ermöglichten Begegnungen mit der Natur. Eine weitere Möglichkeit böten „Naturerfahrungsräume“, etwa auf Brachen. Ihre Wirkungen insbesondere auf Kinder seien sehr positiv, da sie in verschiedenen Formen als Naturerlebnisraum angeeignet würden; sie seien eine wertvolle Ergänzung zu herkömmlichen Spielplätzen.

Prof. Dr. Werner Konold (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) warf die Frage auf, ob biologische Vielfalt in Kulturlandschaften durch traditionelle Rezepte oder neue Ideen bewahrt werden könne. Das Wirken des Menschen, das durch ein Hier-und-dort, Hin-und-wieder, Sowohl-als-auch charakterisiert sei, habe zu einer hohen Vielfalt geführt. Durch Ausschließlichkeit, großflächig Einheitliches, Trennendes und eine hohe Nutzungsfrequenz seien besondere, individuelle Merkmale oftmals verwischt worden. Konold warb für ein Verbinden von Bewährtem und Neuem. Altes solle bei der Landschaftsgestaltung bewusst einbezogen werden, um Kontinuität in der Landschaft zu wahren. Herausforderungen seien, neue Funktionen für Vertrautes zu schaffen, zeitgenössische Elemente einzubeziehen und Eigenart von Morgen zu schaffen.

Dr. Gerd Lupp (IÖR) verwies darauf, dass man sich mit Lebensstilen befassen müsse, wenn man die breite Einbeziehung aller Bevölkerungsschichten zum Schutz der biologischen Vielfalt erreichen wolle. Lebensstilkonzepte müssten zwar kritisch betrachtet werden, dennoch trügen sie dazu bei, Menschen in ihrer Alltagsrealität und der damit verbundenen Naturwahrnehmung zu verstehen, um sie zielgerichtet zu erreichen und für die Belange der Biodiversität zu sensibilisieren.

Annette Decker (Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie) erläuterte Planungsansätze für den Freistaat Sachsen. Durch nachhaltigen Schutz von Biodiversität könne die Lebensqualität verbessert werden. Die Stärkung der landschaftlichen Eigenart nehme dabei eine Schlüsselposition ein. Kriterien seien der Bezug zur naturräumlichen Charakteristik und Ablesbarkeit der Geschichte der Landnutzung. Aus Landschaftsstrukturelementen und deren Maßen würden Erkenntnisse gewonnen, die zur Bestimmung der landschaftlichen Eigenart beitrugen.

Die zusammenfassende Diskussion unter der Leitfrage „Welchen NaturRaum braucht der Mensch?“ wurde von Prof. Dr. Dr. Bernhard Müller, Direktor des IÖR, moderiert. Ausgehend von der Feststellung, dass der Mensch zu viel NaturRaum verbraucht, wurden Schutzgebiete für die Bewahrung und Entwicklung der Biodiversität allein als nicht ausreichend angesehen. Es bestand Einmütigkeit, dass auch außerhalb von Schutzgebieten Biodiversität im Einklang mit unterschiedlichen Nutzungsansprüchen gesichert werden müsse. In diesem Sinne wurde für eine Stärkung der Raumplanung plädiert, um Nutzungsinteressen und Biodiversitätsbelange besser ausgleichen und gegeneinander abwägen zu können.

Kontakt: Dr. Gerd Lupp und Andrea Hornick, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V., Weberplatz 1, 01217 Dresden, E-Mail g.lupp@ioer.de.

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