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Ergebnisse einer Befragung in den oberbayerischen Alpen

Raumrelevante Konflikte zwischen

Abstracts

Die multifunktionale Almkulturlandschaft der oberbayerischen Alpen befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen landwirtschaftlichen, naturschützerischen und touristischen (Nicht-)Nutzungsansprüchen, deren divergierende Interessen zu raumbezogenen Konflikten zwischen den involvierten Akteuren führen, die sich in verbalen, juristischen und politischen Auseinandersetzungen äußern und das Ziel des Erhalts der Kulturlandschaft gefährden. Besonders deutlich zeigen sich die Konfliktlinien zwischen Almwirtschaft und Naturschutz bei der Erschließung von Almen durch schleppertaugliche Fahrwege; zudem führt nicht an den Weidebetrieb angepasstes Besucherverhalten zu Friktionen zwischen Almwirtschaft und Tourismus. Eine Analyse dieser Konfliktfälle ergibt, dass ihre Ursachen neben asymmetrischen Kommunikationsbeziehungen in einer fehlenden Abgeltung der von der Landwirtschaft geschaffenen öffentlichen Güter (Erholungslandschaft, Naturschutz) sowie diametralen Unterschieden im Natur- und Kulturlandschaftsverständnis liegen.

Spatially Relevant Conflicts Between Alpine Farming, Nature Conservation and Tourism - Results of a survey in the Upper Bavarian Alps

The multifunctional cultural landscape of alpine pastures in the Upper Bavarian Alps lies between the conflicting priorities of alpine agriculture, nature protection and tourism. These contradicting interests have led to verbal, legal and political conflicts threatening the common goal of preserving the cultural landscape. A major example of conflicts between alpine agriculture and nature protection has been the construction of gravel roads providing access for farmers to pastures and huts. Similarly, inappropriate behaviour of tourists in alpine pasture areas has lead to conflicts between tourism and agriculture. The analysis of these conflicts shows that they are caused by asymmetric communication, lacking financial compensation for public goods (scenic landscapes for recreation, nature protection) as well as fundamental differences in the perception of nature and cultural landscapes.

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1 Problemstellung

Almen erfüllen als multifunktionale Elemente in der Kulturlandschaft vielfältige gesellschaftliche Aufgaben, was Abb.1 dokumentiert (vgl. z.B. Brugger & Wohlfahrter 1983, Kampmann et al. 2008, Penz 1978, Renting et al. 2009, Tasser et al. 2003). Die einzelnen Funktionen der Almwirtschaft sind untereinander nicht widerspruchsfrei. Damit sie dennoch ihren positiven gesellschaftlichen Beitrag leisten, müssen diese Widersprüche und die sich daraus ergebenden raumbezogenen Nutzungskonflikte bekannt sein und Möglichkeiten zu einem Friktionen reduzierenden Management gefunden werden. Ein prominentes Beispiel divergierender Ansichten ist die unterschiedliche Bewertung des im Frühsommer 2006 in den bayerischen Alpen marodierenden „Problem“-Braunbären „JJ1“ (vermenschlichend „Bruno“ genannt) durch Naturschutz und Landwirtschaft (vgl. Bund Naturschutz in Bayern e.V. 2006, Kloo 2006).

Die zwischen Almwirtschaft, Naturschutz und Tourismus auftretenden und in der wissenschaftlichen Diskussion kaum aufgegriffenen Konflikte sind nicht neu (vgl. z.B. Ruppert 1982, Stattmann 1981), haben sich aber in den letzten Jahrzehnten verschärft. In vielen Fällen hat der Diskurs längst auf eine emotionale Ebene gewechselt, wie die Stellungnahmen von Betroffenen belegen (vgl. Tab. 2), anstatt sachlich zu versuchen, die vom Ansatz her gegebene Interessensgleichheit für allseits akzeptable Lösungen zu nützen. Letzteres betreffend will dieser Artikel einen Beitrag leisten.

2 Theorie: Raumbezogene Konflikte

Die vorliegende Untersuchung lehnt sich an neuere Ansätze der geographischen Konfliktforschung an, die Handlungen von Akteuren bezüglich regionaler und lokaler Konfliktfelder untersucht und „Macht“ und „Raum“ als Komponenten mit einbezieht (vgl. Gebhardt et al. 2003: 7ff.). Die Analyse setzt bei politischen Handlungen der Akteure an und beleuchtet den Verlauf von Entscheidungsprozessen und Konflikten (vgl. Reuber & Wolkersdorfer 2001: 3ff.). Dabei werden die Grundmuster analysiert, nach denen Auseinandersetzungen um räumliche Ressourcen ablaufen. Das Hauptinteresse ist, Ziele und Handlungen der Akteure zu (de)konstruieren und sie innerhalb der sozialen, politischen und räumlichen Rahmenbedingungen zu verstehen.

Den Ausgangspunkt für Konflikte bilden die verschiedenen Sichtweisen und Interessen der Akteure. Deshalb beinhaltet die akteurszentrierte Betrachtung eine Aufdeckung der individuellen und gruppenspezifischen Interessenslagen und Motive und führt zur Identifikation der auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen handelnden relevanten Akteure und Akteursgruppen (vgl. Brenner & Job 2006: 9f.). Job & Weizenegger (2000) zu Folge können Akteure nach ihrer physischen Distanz zum Konfliktobjekt, ihren auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen ausgeführten spezifischen Handlungen und ihren relativen Machtpositionen unterschieden werden. Zuvor wurde lediglich zwischen place-based (z.B. Almbauern) und non-place-based actors (z.B. Ministerialbürokratie) differenziert (vgl. Blaikie 1995).

Bei Konfliktsituationen spielt im akteursspezifischen Entscheidungsgefüge die Verteilung von Macht eine wesentliche Rolle. Ein raumbezogener Konflikt ist dynamisch in Raum und Zeit und beinhaltet folgende Komponenten (Reuber 1999: 7):

die akteursspezifisch wahrgenommene räumlich-strukturelle Ausgangssitua­tion,

die Ziele und raumbezogenen Verwertungsinteressen der Akteure,

die soziopolitischen Strukturen, Regeln und Institutionen, die den Konflikt beeinflussen,

die damit verknüpften Machtpotenzi­ale und Handlungsstrategien der Akteure im Verlauf der Auseinandersetzungen (Konfliktbiographie) und

die Folgen des Konfliktes, u.a. für räumliche Strukturen.

3 Methodisches Vorgehen

Das Untersuchungsdesign folgt dem Ansatz des semi-strukturierten problemzentrierten qualitativen Leitfaden-Interviews (vgl. Meier Kruker & Rauh 2005). Die befragten Experten decken den institutionellen Überbau aus Verwaltung und Interessensvertretungen sowie die Akteure im Untersuchungsgebiet ab, deren unterschiedliche Interessenslagen und Hintergründe zu Tage treten und sich als differenzierte Landnutzungsoptionen in der Kulturlandschaft niederschlagen. Zwischen 2005 und 2009 wurden insgesamt 53 persönliche oder telefonische Interviews (von ein bis zwei Stunden Dauer) durchgeführt, transkribiert und mit Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse nach Lamnek (1993) ausgewertet. Dabei werden subjektive Sichtweisen und Bewertungen zur Dekonstruktion des jeweiligen Landschaftsverständnisses bewusst zugelassen. Zusätzlich wurden in Archiv- und Literaturrecherche Textquellen zur Entwicklung der Almwirtschaft und relevanten Konfliktbereichen identifiziert und ausgewertet.

4 Arten von Konflikten und ihre Bewertung

4.1 Konfliktlagen und Akteure

Welche Arten von Konflikten treten auf? In welcher Form gelangen sie an die Öffentlichkeit? Abb.2 zeigt die aus den empirischen Befunden herausgearbeiteten Konfliktlagen.

Besonders hohes Konfliktpotenzial tritt bei der Almerschließung durch befahrbare Wege und bei nicht an die weidewirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Erfordernisse angepasstem Besucherverhalten auf. Die Problemfelder Schutzgebiete, Konkurrenz zwischen gewerblicher Berggastronomie und Almausschank sowie Bergbahnen und technische Beschneiung weisen eine klare Frontstellung der Interessen auf. Einige Konflikte sind asymmetrisch was die Machtposition und die Repräsentanz der betroffenen Akteure in der Öffentlichkeit anbelangt (Einzelpersonen vs. organisierte Interessensvertretungen), andere wiederum spielen sich „auf Augenhöhe“ zwischen institutionalisierten Akteursgruppen ab. Die Bandbreite der Konfliktintensitäten reicht von latenter Unzufriedenheit, verbalen Auseinandersetzungen, Rechtstreitigkeiten (bspw. Haftungsfragen), Widerspruch in formalisierten Genehmigungsverfahren bis hin zu politischen Auseinandersetzungen (z.B. Landtagspetitionen). Dabei sind jeweils unterschiedliche Subgruppen zu unterscheiden: Der Naturschutz muss differenziert werden nach dem behördlich organisierten und dem nicht-amtlichen, NRO getragenen; die Akteursgruppe Tourismus zerfällt in lokale Anbieter, Tages- und Feriengäste. Einzig die Almbauern sind verhältnismäßig einheitlich in den Bezirksgruppen der Almwirtschaftlichen Vereine organisiert.

4.2 Almerschließung durch Wegebau

Die Erschließung von Almen durch den Bau von schleppertauglichen Fahrwegen ist seit Jahrzehnten ein viel diskutiertes Thema. In Oberbayern kommt es häufig zu langjährigen Kontroversen um einzelne Wegprojekte mit Protestaktionen und Einsprüchen (z.B. Bund Naturschutz in Bayern 2007), weshalb sich Projekte in ihrer Genehmigungsphase lange verzögern. Ob­wohl Almwege nur einen relativ kleinen Anteil der Erschließungswege (Forststraßen) im Gebirge ausmachen – Ringler (2009) gibt als Größenordnung etwa ein Siebtel an –, sind sie erheblicher Kritik ausgesetzt. Derzeit sind etwas mehr als 8 % der oberbayerischen Almen nicht durch Fahrwege erschlossen (Hinterstoisser 2007a), alpenweit einer der niedrigsten Anteile (Ringler 2009). Tab.1 fasst die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente übersichtsartig zusammen und kontrastiert die wesentlichen Gegenargumente; Tab.2 präsentiert die diesbezüglichen Stellungnahmen der befragten Experten.

Bei der Almerschließung mit Fahrwegen gibt es deutliche regionale Unterschiede zwischen Oberbayern und dem Allgäu sowie Österreich, was die Konfliktintensität, die Länge der Genehmigungsverfahren und Umfang sowie Baustandards anbelangt. Widerstand von Behörden, der Bevölkerung oder gar Bürgerinitiativen gibt es in Österreich kaum – wenn, dann von NRO aus Deutschland:

„Wenn da jemand schimpft, dann sind es welche von uns. Also Deutsche, die dort etwas kritisieren, aber keine Österreicher.“ (Vertreter des Alpenvereins)

Alle befragten Experten vertreten einhellig die Ansicht, dass der Wegebau in Tirol einfacher, schneller und problemloser über die Bühne geht, wobei in Österreich u.a. wegen der im Vergleich zu Oberbayern weit verbreiteten Milchproduktion auf Almen (vgl. Mayer et al. 2008) generell breitere, Lkw-taugliche Zufahrten geschaffen werden. Dort ist der Einfluss der Unteren Naturschutzbehörden als weniger stark einzuschätzen als in Oberbayern. Zudem besteht bei der insgesamt liberaleren Raumplanung in Tirol weniger Durchsetzungsmöglichkeiten für die Naturschutzbehörden. Der damit im Zusammenhang stehende Hauptgrund ist wohl aber die deutlich bedeutendere Stellung der Landwirtschaft und damit naturbedingt der Almwirtschaft im Nachbarland, zu deren Erhaltung alles Denkbare getan wird – nicht zuletzt des Tourismus wegen. Da ein Großteil des Landes aus Hochgebirge und Almflächen besteht, die auch künftig erhalten bleiben sollen, muss man die dafür notwendige Infrastruktur schaffen:

„Da ist das Bewusstsein noch ein anderes. Dass von Genehmigungsseite her gesagt wird‚ ‚Leute passt auf, das ist notwendig, die brauchen das‘ und darum wird das auch gemacht. … Da wird das Genehmigungsverfahren straff durchgezogen und dann wird das auch verwirklicht und umgesetzt. Und bei uns muss man dieses Gutachten und jene Stellungnahme einholen, damit man auch ja jeden Einwand dann zu 100% abwägt.“ (Gemeindevertreter im Isarwinkel I)

Der schmale Gebirgsstreifen der Bayerischen Alpen ist dichter besiedelt als Tirol und auf kleinerem Raum vielfältigerer Nutzungskonkurrenz ausgesetzt. Von Naturschutzseite, unterstellen Vertreter der Almwirtschaft, will man häufig eine „Käseglocke“, die jegliche Veränderungen ausschließt, über den Alpenraum stülpen, ohne jedoch an die einheimische Bevölkerung zu denken, wobei in dieser Argumentation berechtigte Kritik an Einzelfällen mit einer generell ablehnenden Haltung gleichgesetzt wird. Die These, dass die massiven Widerstände im direkten Naherholungsbereich der Agglomeration München sich aus den Interessen der dort ansässigen Naturschützer und Freizeitsportler ergeben, wird von Expertenseite unterschiedlich bewertet:

„Ja, das führe ich ganz stark darauf zurück. Im Allgäu … sind Gäste Fremde und mischen sich nicht so stark in das Geschehen dort ein …. Bei uns bilden sich gleich Bürgerinitiativen, die stark und gut vernetzt sind.“ (Vertreter des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern).

„Wir sind natürlich ein attraktives und bekanntes Gebiet und dann gibt es natürlich diverse Personen und Persönlichkeiten, die sich berufen fühlen, so etwas zu verhindern, das ist ganz klar. Ob das nun rein nur die Nähe zur Landeshauptstadt München ist… Wir haben bei uns im Landkreis auch genügend Leute, die da dagegen schießen. Da brauchen wir die Münchner nicht dazu“ (Gemeindevertreter im Isarwinkel I).

Interessante Aspekte im Hinblick auf die unterschiedliche Auslegung, Abwägung und Umsetzung gleicher gesetzlicher Grundlagen werden beim Vergleich der Situation in Oberbayern und im Oberallgäu deutlich. Trotz der größeren und intensiver bewirtschafteten Almflächen im Allgäu ist auffällig, dass es dort bislang zu keinen den Kontroversen in Oberbayern vergleichbaren Streitfällen gekommen ist. Die Genehmigung wird durch das zuständige Landratsamt i.d.R. unproblematisch erteilt, da die Landwirtschaft absolute Priorität genießt, und alle Wege werden mit einer Mindestbreite von drei Metern und Teerbelag ausgeführt. Auch die Naturschutzverbände schlagen im Allgäu moderatere Töne an (vgl. Kloo 2003). Diese Tendenzen werden auch von erschließungskritischen Kreisen wie dem Alpenverein bestätigt. Die oberbayerischen Behörden sind kritischer als in Schwaben, was nicht nur die Landkreise sondern auch die Ebene des Regierungsbezirks anbelangt:

„Dort braucht es kein Verfahren im Naturschutzgebiet, wenn da schon ein Weg … ein Steig war und der zur befahrbaren Straße ausgebaut wird. … Darum hat sich auch der Chef des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu über die Zustände [in Oberbayern] mokiert: ‚Wir brauchen da nicht fragen’, so ungefähr.“ (Vertreter des Alpenvereins).

4.3 Störung des Weidebetriebs durch nicht angepasstes ­Besucherverhalten

Konflikte zwischen Almwirtschaft und touristischer Nutzung entstehen hauptsächlich wegen Störungen des Weidebetriebs durch Besucher. Diese Konflikte spielen sich mit Ausnahme von Gerichtsverfahren bezüglich Haftungsfragen bei Unfällen von Mountainbikern auf Almwegen, die in der Vergangenheit für großes öffentliches Aufsehen gesorgt haben, weitgehend auf Einzelpersonenebene in Form verbaler Auseinandersetzungen und Unzufriedenheit ab. Tab. 3 stellt die wichtigsten Konfliktfelder vor. Auf das nicht angepasste Verhalten angesprochen reagieren viele Besucher den Landwirten gegenüber uneinsichtig bis unfreundlich. Dabei handelt es sich anscheinend eher um Naherholer (Tagesgäste), die der Ansicht seien, ihnen gehörten die Berge und sie könnten dort tun und lassen, was immer sie wollten, als um alpenfern lebende Bergfreunde (Feriengäste).

Nicht almwirtschaftsspezifisch ist das Problem des an schönen Wochenenden überhand nehmenden Ausflugsverkehrs in die Bayerischen Alpen, der teilweise zu erheblichen Parkplatzproblemen, zugestellten Hof- und Feldeinfahrten führt – ohne, dass die Betroffenen – etwa in Form von Parkgebühren – angemessen entschädigt werden. Ähnlich gelagert ist die Schwierigkeit der überwiegend über landwirtschaftlichen Grund verlaufenden Langlaufloipen in der Wintersaison. Hier stecken entsprechende Leistungsabgeltungen noch in den Kinderschuhen.

4.4 Schutzgebiete als polarisierende Elemente zwischen Naturschutz und Landwirtschaft

Schutzgebietsausweisungen können zu Konfliktsituationen führen, da sie einen inhärenten Eingriff in die Verfügbarkeit und Nutzung von Grund und Boden darstellen. Dies umso mehr, wenn sie hohe Flächenanteile beanspruchen – wie in den peripher gelegenen, waldreichen Alpengemeinden, beispielsweise im südlichen Teil des Isarwinkels (vgl. Abb.3).

Obwohl Almbauern Schutzgebieten gegenüber traditionell zumeist reserviert bis misstrauisch eingestellt sind (vgl. Kloo 2004), lässt sich die daraus ableitbare These einer Benachteiligung von Almen in Schutzgebieten nicht verifizieren: Weder wurden schutzgebietsbedingt Almen aufgelassen, noch ist der Erschließungsstand von Almen in Schutzgebieten schlechter als außerhalb (vgl. Glatz et al. 2006; Ringler 2009). Dass sich extensive Almwirtschaft und Naturschutzziele abgesehen von konkreten Streitfällen gut vereinbaren lassen, zeigt der Erfolg von Agrarumweltprogrammen wie dem Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) oder dem Vertragsnaturschutzprogramm (VNP), die aus Umweltschutzgründen akzeptierte Nutzungseinschränkungen durch daran geknüpfte Fördermaßnahmen entgelten (vgl. Ruppert 2001). Schlechter bestellt ist es um die Akzeptanz der jüngst ausgewiesenen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-/Natura-2000-Gebiete, denen auf lokaler Ebene, den Orten ihrer Umsetzung, der wenig partizipative top-down-Ansatz ihrer Etablierung nicht gerade von Nutzen ist. FFH-Gebiete im Isarwinkel beispielsweise wurden von Lokalpolitikern als „Finten-Fallen-Hindernisse“ (Silbernagl 2000: 102) apostrophiert und deren „undemokratisch erzwungene Flächenausweisung“ kritisiert. Weiters ist das neue Schutzgebietssystem nicht durch den monetären Anreiz einer allgemeinen, leistungsunabhängigen „FFH-Prämie“ ausgestattet, allenfalls auf das bereits existente VNP wird verwiesen (vgl. STMUGV 2009). Die Naturschutzfunktion der Landwirtschaft wird also nicht wie im Falle des VNP oder des KULAP abgegolten, weshalb viele Landwirte in dem Programm lediglich weiter erhöhten Verwaltungsaufwand erblicken.

4.5 Konkurrenz zwischen ­gewerblicher Gastronomie und Bewirtung auf Almen

Die Konkurrenz um Gäste zwischen gewerblicher Berggastronomie und Bewirtung auf Almen führt immer wieder zu Konflikten. Gemäß einer Entscheidung der Regierung von Oberbayern aus dem Jahr 1991 ist der Betrieb eines Gaststättengewerbes für Landwirte erlaubnispflichtig, außer die Grenzen landwirtschaftlicher Nebentätigkeit werden nicht überschritten: Almen müssen sich von Schank- und Speisewirtschaften unterscheiden und eigene Produkte anbieten; die Bewirtung muss dem sonstigen Betrieb untergeordnet sein; es dürfen keine besonderen Vorkehrungen zur Aufnahme von Gästen (Tische, Stühle) erfolgen; die Bewirtung darf nur während der Auftriebszeit stattfinden, ohne zusätzliches Personal und Außenwerbung, nur in einer geringen Dichte von bewirtschafteten Hütten, bei einwandfreiem Trinkwasser, Gesundheitszeugnis sowie ordnungsgemäßer Entsorgung. Bei (vermeintlichen) Verstößen gegen diese Vorschriften (etwa Ausschank am Niederleger während der Hochalmzeit) kommt es bisweilen zu Anzeigen bei den Landratsämtern. Der Almwirtschaftliche Verein zeigt Verständnis, wenn der steuerzahlende Wirt, der nach dem Lebensmittel- und Gewerberecht erhebliche Auflagen erfüllen muss, die benachbarte Alm argwöhnisch betrachtet, bei welcher der Kundenstrom nicht abreißen will, während bei ihm der Besuch zu wünschen übrig lässt (vgl. Hinterstoisser 2007b, Silbernagl 1996). Möglicherweise sieht mancher Wirt in bewirteten Almen eine unliebsame Konkurrenz, die womöglich authentischeres Ambiente, regionale, selbst erzeugte Produkte und günstigere Preise bietet.

4.6 Konfliktlinien zwischen Naturschutz und Tourismus

Die grundsätzlichen Differenzen zwischen Naturschutz und Tourismus sind hinlänglich bekannt (Henselmann 1991, Job & Vogt 2003). In den bayerischen Alpen ist folgender Aspekt von besonderer Bedeutung: Trotz der seit Mitte der 1970er-Jahre etablierten und erfolgreichen Zonierung in A-, B- und C-Zonen abgestufter Nutzungsintensität üben manche NRO aus Sicht der Tourismuswirtschaft eine Fundamental-Opposition gegen Erneuerungen bereits bestehender Liftanlagen und die dazu gehörige Installation von Beschneiungsanlagen aus. Die unter starker ausländischer Konkurrenz in benachbarten Regionen und aufwändigen Genehmigungsverfahren leidende bayerische Seilbahnwirtschaft nimmt dies als Standortnachteil wahr. Dabei hat der bis heute als fester Bestandteil des bayerischen Landesentwicklungsprogramms geltende „Alpenplan“ im Gegensatz zu anderen Alpenländern erfolgreich große Gebiete der bayerischen Alpen von intensiven touristischen Erschließungen freigehalten (vgl. Speer 2008) und damit auf lange Sicht das Potenzial für naturnahe Tourismusformen erhalten, was auf eine positive Wechselwirkung zwischen den letzteren und dem Naturschutz hindeutet.

5 Diskussion der Ergebnisse

5.1 Informations- und Kommunikations-Asymmetrien

Die Vermeidung und Lösung von Konflikten zwischen Almwirtschaft und Tourismus wird durch Informations- und Kommunikationsprobleme erschwert. Es gibt keinen kollektiven Ansprechpartner auf Seiten der Erholungssuchenden. Kein Tourismusverband fühlt sich verantwortlich, niemand sorgt für Information und Sensibilisierung der Gäste, stellt Verhaltensregeln für das Almgelände auf bzw. sanktioniert Fehlverhalten. Dieses Problem zeigte sich beispielhaft im Dezember 2008 bei der Tagung „Zukunft der Berglandwirtschaft“ in Miesbach, als das Verhältnis zwischen Berglandwirtschaft und Tourismus debattiert werden sollte: Mit Ausnahme einer Vertreterin von Bayern Tourismusmarketing waren im Teilnehmerkreis keine touristischen Ansprechpartner für die Landwirte wie beispielsweise Hoteliers, Bergbahnchefs oder Vertreter des Alpenvereins.

Die im Gegensatz zu z.B. einem Naturpark nicht von einer Verwaltung gemanagten FFH-, Natur- und Landschaftsschutzgebiete haben den Nachteil, dass sich Konfliktparteien in entsprechenden Gremien auch nicht regelmäßig an einen Tisch bringen lassen. Mittels Schutzgebietsmanagement können leichter Besucherlenkungsmaßnahmen ergriffen werden, etwa indem man Hinweis-, Verbots- und Informationstafeln über die Bedeutung der Almwirtschaft für die Kulturlandschaft und das richtige Verhalten im Weidebereich sowie den Umgang mit dem Vieh anbringt, um die Besucher stärker zu sensibilisieren und den allgemeinen Wissensstand zu verbessern.

5.2 Abgeltung öffentlicher Güter

Eine wesentliche Konfliktursache ist die fehlende Internalisierung der von der Almwirtschaft bereitgestellten öffentlichen Güter Naturschutz (vgl. z.B. Laiolo et al. 2004) und Erholungspotenzial (vgl. Arnberger et al. 2006). Als Gegenargument könnte angeführt werden, dass diese Funktionen bereits durch die Almfördermaßnahmen abgegolten werden. Dem kann aber nur mit Einschränkungen zugestimmt werden, da zunächst Bewirtschaftungserschwernisse ausgeglichen werden sollen und Kulturlandschaftspflege honoriert wird – die Naturschutzfunktion hingegen nur, wenn explizit vorgesehen, wie im KULAP und VNP, die touristische Nutzung gar nicht. Die Landwirte profitieren wenig bis gar nicht von den Nutzern der von ihnen gepflegten Landschaft, den Erholungssuchenden, müssen aber die externen Kosten vollständig tragen, die sich aus diesen Nutzungen der Almkulturlandschaft ergeben; auch beim Wegebau bringt sich der Tourismus nicht ein (vgl. Pevetz 1998, Pruckner 1995, Socher & Tschurtschenthaler 1994). Insbesondere Tagesgäste geben sehr wenig Geld innerhalb der Region aus. Sofern Almbauern keinen Ausschank betreiben, partizipieren sie so gut wie gar nicht von deren Ausgaben (vgl. Mayer et al. 2010) – ein klassisches free-rider-Problem. Zumindest gibt es an verschiedenen Aussichtsbergen inzwischen z.T. eine Parkplatzbewirtschaftung und Loipengebühren für Langlaufareale.

Die kaum kompensierte Bereitstellung öffentlicher Güter zur Erholungsvorsorge und zum Erhalt der Artenvielfalt könnte durch mit Hilfe von Steuereinnahmen finanzierte Kompensationszahlungen für betroffene Gebietskörperschaften ausgeglichen werden und somit das bestehende Instrument des vertikalen Finanzausgleichs gerechter werden. Hierarchisch angelegte steuerliche Transferleistungen der unterschiedlichen Verwaltungsebenen eigenen sich gut, um bestehende raumwirtschaftliche Externalitäten zu internalisieren. Der bislang verwendete Hauptindikator, um das Ausmaß der Transfers zu bestimmen, ist die Kopfzahl der Bevölkerung. Dass hiermit die bevölkerungsstärkeren, urbanen Räume im Vorteil sind, scheint offensichtlich (vgl. Ring 2008). Demzufolge wäre es notwendig, Naturschutzaufgaben (je nach Intensität des jeweiligen, im raumwirtschaftlichen Sinne ausschließenden Charakters der rechtlichen Festsetzungen) fiskalpolitisch zu honorieren und hiermit korrespondierende Indikatoren (nahe liegender Weise der Anteil der geschützten Gemarkungsfläche, der entsprechend der Flächenschutzkategorie zu gewichten wäre) zu finden und anschließend zu implementieren.

5.3 Unterschiedliches Natur-/Kulturlandschaftsverständnis

Die Erklärungsfaktoren insbesondere der Konflikte um Almwegebau und Besucherverhalten finden sich auf einer tieferliegenden Diskurs-Ebene. Das Landschaftsverständnis von Naturschützern und Landwirten im Untersuchungsgebiet unterscheidet sich – inzwiswchen häufigeren Ausnahmen zum Trotz – grundlegend und wird hier zur Verdeutlichung der gegenseitigen Stereotypen stark pointiert dargestellt: Nutzen Landwirte häufig eine dynamische, veränderbare Kulturlandschaft zur Produktion von Lebensmitteln, trachten Naturschützer eher nach einer den status-quo (ante) bewahrenden, statischen Kulturlandschaft zum Erhalt von Landschaftsbild und Kleinstrukturreichtum. Beide Sichtweisen sind nicht widerspruchsfrei: Einerseits betonen Naturschützer, wie wertvoll und erhaltenswürdig Almweiden seien, sträuben sich jedoch angesichts von Schäden in Form gewisser trade-offs gegen Maßnahmen, die genau dies zum Ziel haben. Andererseits vermuten die Almbauern im Widerstand des Naturschutzes gegen den Wegebau die Wurzel allen Übels und übersehen, dass die meisten Almen bereits gut erschlossen sind und in Einzelfällen der Aufwand und die Eingriffe einer Wegebaumaßnahme den zu erwartenden Nutzen deutlich übersteigen. Die schleppertaugliche Erschließung von Almen mag für eine zeitgemäße Bewirtschaftung notwendig sein, ist aber keine hinreichende Bedingung zur dauerhaften Aufrechterhaltung der Almwirtschaft – insbesondere im Hinblick auf den anhaltenden Agrarstrukturwandel (vgl. Mayer et al. 2010) und die niedrigen Erzeugerpreise (z.B. für Milch).

Im engen Zusammenhang mit diesen unterschiedlichen Vorstellungen von Kulturlandschaft steht das durch den urbanen Lebensstil und mangels Kontakt zur Landwirtschaft verzerrte Bild alpiner Landwirtschaft der Bewohner von Agglomerationsräumen. Es äußerst sich in geringem Wissen über Vorgänge und Abläufe, wenig Bewusstsein für die Notwendigkeiten und Probleme der dort lebenden und wirtschaftenden Bevölkerung. Stattdessen wird die alpine Kulturlandschaft oft als museales Element angesehen, die als schützenswertes Relikt in ihrer (scheinbaren) Idylle unbedingt vor Neuerungen der modernen Zeit geschützt werden muss (vgl. Kirchengast 2008). Dazu passt die Nutzung der Kulturlandschaft als Filmkulisse, wie am Beispiel der Jachenau im Isarwinkel zu beobachten ist. Dort wurde 2007 und 2008 nicht nur Joseph Vilsmaiers „Die Geschichte vom Brandner Kasper“, sondern auch Michael „Bully“ Herbigs „Wickie und die starken Männer“ gedreht – in letzterem Film als expliziter Ersatz für nordisches Wikingerflair (vgl. Gemeinde Jachenau 2009).

Die Menschen haben ein von Medien und der Tourismuswerbung geprägtes und perpetuiertes Konstrukt alpiner Landwirtschaft im Kopf, das mit der (agrartechnischen) Moderne nicht kompatibel ist. Mit dem Mobiltelefon kommunizierende Landwirte, die mit dem Enduro-Bike auf die Alm fahren, um nach den Jungviehbeständen zu sehen, weil sie neben der Landwirtschaft noch ein Handwerk und touristischen Nebenerwerb ausüben müssen, um die Landwirtschaft überhaupt erhalten zu können, passen nicht in dieses romantisierende Klischee. Die in unserer Gesellschaft geläufigen Bilder von Alpen, alpiner Kultur und Almen haben ihren Ankerpunkt in der Vergangenheit, die als imaginäre vorindustrielle Epoche, als „gute alte Zeit“ verklärt und idealisiert wird (vgl. Kirchengast 2008: 83). Stereotype über die Alpen und damit die Almwirtschaft perpetuieren sich auch durch kulturelle Erzeugnisse wie Literatur (Johanna Spyris „Heidi“ mitsamt Verfilmungen und Adaptionen), Filme und Musik (Herdenglocken in der 6. und 7. Symphonie Gustav Mahlers als „Symbol weltenferner Einsamkeit“; Richard Strauss’ „Alpensymphonie“; Richard Wagners „Selige Öde auf sonniger Höh“ im „Siegfried“).

Es wird den Bergbauern offenbar nicht zugestanden, ebenso bequem zu leben und zu wirtschaften, wie es die mehrheitlich in Agglomerationsräumen lebende Bevölkerung für sich in Anspruch nimmt, und wo es selbstverständlich ist, zwischen Wohn- und Arbeitsort mit dem Automobil zu pendeln. Da man sich der Rolle der Almwirtschaft bei der Entstehung und Pflege der alpinen Landschaft nicht bewusst ist, fehlt im freizeitgeprägten Kulturlandschaftsverständnis der Besucher der Platz für eine zeitgemäße Bewirtschaftung – deren Anforderungen (Wegebau etc.) mit der Erholungsnutzung und den Erwartungen der Besucher an Authentizität der Berglandschaft kollidieren. Unter diesen Aspekten verwundert das selbstbewusste Auftreten von Besuchern den Almleuten gegenüber nicht. Im „Freizeitpark Alpen“ fühlen sie sich als Herren im Haus, quasi einer Art gebirgigen Exklave des Englischen Gartens in München. Insofern erscheint es dringend notwendig, die Bedeutsamkeit der multifunktionalen Leistungen der (Berg-)Landwirtschaft tiefer als bislang im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Aus Sicht der Bewohner peripherer Gebiete wird von den Städtern oft übersehen, dass der periphere ländliche Raum auch Lebens- und Wirtschaftsraum und nicht bloß Freizeit- und ökologischer Ausgleichsraum ist:

„Kein Mensch weiß da drinnen [in den Städten, M.M.] mehr, dass hier draußen auch Menschen leben und arbeiten und von dem leben müssen. …. Der Städter fährt hinaus und sieht uns quasi als heile Welt… – und das muss es auch bleiben und das darf sich ja nicht verändern. … Wir laufen ja hier nicht herum mit einem Schild um den Hals „Bitte nicht füttern!“ Manchmal kommt man sich aber so vor! Da wird man fast so museal hingestellt. ... Auch wir heraußen dürfen eine gewisse Entwicklung mitnehmen. … Aber man muss uns auch weiterentwickeln lassen. Also brauche ich auch einmal gewisse Eingriffe in die Natur. Wir haben ja keine Naturlandschaft mehr…, sondern es ist eine Kulturlandschaft und die ist schon fast 1000 Jahre hier. … Das, was man jetzt als schützenswert erachtet, das ist ja alles erst von unseren Vorvätern erarbeitet worden. … Hier ist fast nichts Naturbelassenes. … Alles ist … bearbeitet worden, weil es notwendig war. Weil die Leute sonst nicht überleben hätten können. Und den Eindruck hat man oft, dass sich die da drin [in den Städten, M.M.] dessen nicht so bewusst sind… Das muss alles so bleiben, … wie sie es meinen, und wenn der Bauer noch mit der Sense herumfährt, dann ist das schön… Kaum fährt er mit dem Güllefass, ist er der größte Naturzerstörer! Diese Zusammenhänge, dieses vernetzte Denken, das fehlt da einfach komplett. Der hat da seine Malbuch-Denke drin, und von der geht er nicht weg. … Wie schaut das einmal in 20, 30 Jahren aus? Da haben wir dann ein paar große Ballungszentren und da heraußen,… da zahlt man vorne einen Eintritt und ... da laufen dann noch so ein paar Leute herum, die dann so quasi die Glentleiten [Bauernhofmuseum bei Kochel a. See, M.M.] im Großformat für die [Besucher, M.M.] spielen dürfen. Das kann es nicht sein.“ (Almbauer im Isarwinkel)

6 Fazit und Ausblick

Zwischen Naturschutz, Almwirtschaft und Tourismus kommt es zu raumbezogenen Konflikten, weil die Akteure z.T. stark voneinander abweichende Sichtweisen von Kulturlandschaft aufweisen. Dabei ließen sich unter dem konzeptionellen Dach einer nachhaltigen, multifunktionalen Almwirtschaft alle Anspruchsgruppen symbiotisch vereinen. Dazu bedarf es aber eines die Gemeinsamkeiten betonenden „modus cooperandi“ (Ringler 2009), zu dem eine angemessene Vergütung der öffentlichen Güter Erholungslandschaft und Erhalt der Biodiversität gehört – sowie eine stärkere Entschädigung von Erschließungsnachteilen, da viele nutzungswürdige und landschaftlich bedeutsame Almen auch in Zukunft kaum erschließbar sein werden oder die Eingriffe eines Wegebaues in keinem vertretbaren Verhältnis zum erschlossenen Futterpotenzial der Weidefläche stehen. Auch in Oberbayern sollten beim Wegebau Kompromisslösungen gefunden werden, wie sie z.B. Burtscher (2003) an Hand eines Fallbeispiels vorstellt.

Landwirte sollten ihre Stereotype von Naturschützern revidieren und anerkennen, dass es vielerorts fruchtbare und konstruktive Zusammenarbeit gibt, die, wie beispielsweise die Regionalvermarktungsinitiative „So schmecken die Berge“ des Deutschen Alpenvereins (Deutscher Alpenverein e.V. 2009), dem Leitspruch „Schützen durch Nützen“ folgt. Weitere positive Beispiele gibt es zum einen in diversen Biosphärenreservaten (Coy & Weixlbaumer 2007, Kullmann 2007), aber auch in den auf Vernetzung der Wirtschaftssektoren abzielenden LEADER-Regionen (beispielsweise Käsestraße Bregenzer Wald in Vorarlberg), deren Umsetzung im Untersuchungsgebiet im Gegensatz zu anderen Regionen der Alpen noch in den Anfängen steckt.

Zur Minderung der Auswirkungen unangepassten Besucherverhaltens ist eine stärkere Sensibilisierung und Lenkung der Freizeitnutzer von Almen durch ein umfassendes Management intensiv genutzter touristischer Bereiche notwendig. Auch die in der Öffentlichkeit dominierende Vorstellungswelt alpiner Kulturlandschaften bedarf einer dringenden Auffrischung. Bei der Kulturlandschaftspflege geht es nämlich neben ihrer Erhaltung auch um die Entwicklung der Kulturlandschaften. Erhaltung durch Entwicklung wäre also die Maxime, um über Regionalmanagementansätze den Schulterschluss der öffentlichen Dienststellen mit den privaten Akteuren, allen voran den Landnutzern, zu betreiben. Diese Idee hat das jüngst novellierte Raumordnungsgesetz aufgegriffen (ReROG 2008 § 2 (5); vgl. Job 2008). Es besteht also die Hoffnung, dass nicht länger über die richtigen Wege zur Erreichung des gemeinsamen Ziels Erhalt der Kulturlandschaft und Biodiversität durch Erhalt der Almwirtschaft gestritten wird – oder um es mit Gustav Mahlers Äußerung über sein Verhältnis zu Richard Strauss zu sagen: „Wir graben beide von zwei Seiten in den selben Berg – irgendwo wird man sich schon treffen“.

Literatur

Arnberger, A., Muhar, A., Sterl, P. (2006): Auswirkungen des Tourismus. ALP Austria Programm zur Sicherung und Entwicklung der alpinen Kulturlandschaft, Endber. Teilprojekt 17. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Wien. http://www.almwirtschaft.com/images/stories/fotos/alpaustria/pdf/ArnbergerMuhar Sterl_Tourimus.pdf (Abrufdatum: 21.08.2009).

Astner, O. (2009): Daten zur Tiroler Almwirtschaft. Der Alm- und Bergbauer 59 (1-2), 20-22.

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV, Hrsg., 2009): Europäischer Biotopverbund Natura 2000. Allgemeine Informationen zur Umsetzung in Bayern. München. http://www.stmugv.bayern.de/umwelt/naturschutz/natura2000/index.htm (Abrufdatum 28.03.2009).

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