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Editorial

Artenschutz kontra Klimaschutz? Rechtssicherheit als gemeinsames Ziel

Klimaschutzpolitik – Freund oder Feind des Naturschutzes? fragte das März-Editorial und löste so viele Leserreaktionen wie bisher keiner der Leitartikel aus. Wolfgang Haber, Urgestein der Landschaftsökologie und ehemals langjähriger Mitherausgeber unserer Zeitschrift, legte im August-Heft den Finger auf dieselbe Wunde und kritisierte die sektorale Einengung des Naturschutzes: „Klima ist doch zweifelsohne ein fester Bestandteil der Natur unseres Planeten – wieso kann sein Schutz dem Naturschutz entgegenwirken?“.

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Er kann es, neutral formuliert löst Klimaschutz innerfachliche Konflikte zwischen den verschiedenen Schutzgütern aus. Das zeigt die fortgesetzte Diskussion zu Windkraft und Vogelschutz. Also nicht Klimaschutz kontra Naturschutz, sondern korrekter: Klimaschutz kontra Artenschutz. Aber Kompromisse sind machbar!

Im Oktober-Editorial prangerten wir die auf die lange Bank geschobene Veröffent­lichung der Neuauflage des „Helgoländer Papiers“ der staatlichen Vogelschutzwarten an. Mit dieser Ausgabe legen wir nach: Matthias Schreiber stellt Auszüge dieser fachlichen Standards in Form von empfohlenen Mindestabständen in den Zusammenhang der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des Bundesnaturschutzgesetzes. Damit ist diese Fachkonvention zitierfähig. Denn darin sehen wir als Fachzeitschrift unsere Aufgabe: neue Fachkenntnisse rasch für Planungen und Entscheidungen verfügbar zu machen.

Zwei weitere Gutachten, beide am 11. November vor­gestellt, liefern weitere Fun­damente für die kritische Abwägung:

„Greifvögel und Windkraftanlagen“: Koordiniert vom Michael-Otto-Institut des NABU, legte ein Projektträgerverbund eine umfassende Problemanalyse und Lö­sungs­vorschläge vor. Finanziert wurde das Vorhaben durch das Bundesumweltministerium (BMUB) – fertiggestellt im Juni 2013, veröffentlicht mit 17-monatiger Verspätung (warum nur so spät?). Kern des Projekts waren Verhaltensstudien an mit Sendern ausgestatteten Rotmilanen, Wiesenweihen und Seeadlern (Download: http://www.nabu.de/downloads/Endbericht-Greifvogelprojekt.pdf ).

„Windenergie im Lebensraum Wald“: Für die Deutsche Wildtier Stiftung arbeitete der Ornithologe und Fledermaus­experte Klaus Richarz das Gefährdungspotenzial für waldgebundene Tierarten auf. Die Folgerungen sind drastisch, aber u.a. angesichts Fakten und offener Fragen einleuchtend: kein Windkraft-Ausbau im Wald, solange ausreichend Standorte besonders im intensiv bewirtschafteten Ackerland zur Verfügung stehen; vor allem keine Inanspruchnahme von Buchenwäldern; allenfalls Nutzung von naturfernen Fichten- und Kiefernforsten (Down­load: http://www.naturwende.de ).

Beide Studien sind fundierte Arbeiten – ihre Resultate ermöglichen bewusstes Handeln und stellen die Energiewende nicht grundsätzlich in Frage. Warum muss deshalb etwa die Umweltministerin in Rheinland-Pfalz, Ulrike Höfken, die Wald-Studie pauschal abqualifizieren, diese wolle die Energiewende ausbremsen? Einziges Argument bleibt, der auftraggebende Vorstandsvorsitzende, Fritz Vahrenholt, sei früher Mitarbeiter der Energiekonzerne Shell und RWE gewesen. Na und?

Gerade die grünen Landesminister sollten jetzt ihre Scheuklappen ablegen und sich zu einem fairen Interessensausgleich zwischen Arten- und Klimaschutz durchringen. Zu verstehen ist das heftige Tauziehen zwischen den Protagonisten des Artenschutzes und der Energiewende im Hintergrund wie manche wortreiche Auseinandersetzung ohnehin nicht wirklich: Alle Beteiligten sollten doch ein Interesse an rechtssicheren Entscheidungen haben. Das Motto „Augen zu und durch ...“ ist gefährlich. Die jeweils aktuellsten fachlichen Standards finden Eingang auch in die Rechtsprechung, das zeigt die Erfahrung. Das ist gut so und alle Beteiligten – gleich ob Investor, Kommune, Flächeneigentümer oder Planungsbehörde – sollten diese respektieren.

Es wird höchste Zeit, die Diskussion auf Bundesebene auf eine sachliche Basis zu holen. Bedenkenswert ist die Empfehlung der Wildtier Stiftung, in einer Technischen Anleitung zum Betrieb von WKA (TA Wind) bundeseinheitliche Standards für Genehmigungsverfahren zu definieren. Zu lange schon warten wir darauf, dass sich das vor einem knappen halben Jahr beim Deutschen Naturschutzring (DNR) gestartete Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende einmischt. Klimaschutz als Freund des Naturschutzes – wir warten auf Signale und bleiben am Ball!

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