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Oranienbaumer Heide ist „Weidelandschaft des Jahres 2017“

Zum dritten Mal hat der Verein „Weidewelt e.V. – Verein für naturschutzkonforme Landnutzung durch Beweidung“ die „Weidelandschaft des Jahres“ ausgerufen. Nach dem „Auenverbund Wetterau“ in Hessen (2015) und der Weidelandschaft „Stiftungsland Schäferhaus“ in Schleswig-Holstein (2016) fiel die Wahl in diesem Jahr auf die „Oranienbaumer Heide“ bei Dessau in Sachsen-Anhalt. Die Hochschule Anhalt und die Primigenius gGmbH haben die Auszeichnung angenommen.

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Ein Kuratorium unterbreitet jährlich Vorschläge. Dem Gremium gehören neben Weidewelt e.V. auch Vertreter des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL), des Vereins Taurus Naturentwicklung, der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) und des Weidevereins Taurus an. Aus diesen Vorschlägen kürt die Weidewelt-Mitgliederversammlung die „Weidelandschaft des Jahres“.

Maßgeblich für die Wahl ist das Gesamtkonzept, das in der Oranienbaumer Heide durch die Hochschule Anhalt, die Primigenius – Köthener Naturschutz und Landschaftspflege gGmbH des NABU Köthen in Kooperation mit weiteren regionalen Akteuren umgesetzt wurde: die erfolgreiche Realisierung einer großflächigen extensiven Ganzjahresbeweidung auf einem ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatz, die Implementierung einer fortlaufenden, maßnahmebegleitenden, naturschutzfachlichen Erfolgskontrolle und wissenschaftlichen Begleitung, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Herstellung und regionale Vermarktung ökologisch erzeugter Fleisch- und Wurstwaren. Das Projekt wird außerdem intensiv in die Ausbildung von Studenten des Studiengangs Naturschutz und Landschaftsplanung an der Hochschule Anhalt eingebunden und stellt sozusagen den Praxistest für das theoretisch Gelernte dar.

Das Beweidungsprojekt startete als Modellprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) im Jahr 2007 mit dem Ziel, ein aus Sicht des Naturschutzes besonders wertvolles Heidegebiet durch extensive Ganzjahresbeweidung und ergänzende Managementmaßnahmen zu erhalten und zu entwickeln. Auf 800 ha Fläche wird seitdem mit großem Erfolg eine extensive Ganzjahresbeweidung mit Heckrindern und Koniks umgesetzt.

Die Weidefläche mit ihren großflächigen Offenlandbereichen und vielfältigen Ökotonen zu den integrierten Pionierwäldern liegt im Biosphärenreservat Mittelelbe und ist Teil des europäischen Schutzgebietssystems Netzwerk Natura 2000. Die Oranienbaumer Heide wurde von der Bundesregierung im Jahr 2009 zum Nationalen Naturerbe erklärt und an die gemeinnützige Tochtergesellschaft der DBU, die DBU Naturerbe GmbH, übergeben. Seit 2011 wurde das Projekt mit ELER-Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt fortgeführt und weiterentwickelt.

Aktuelle Forschungen fokussieren auf die fortlaufende Optimierung von Maßnahmen zur Regeneration und zum langfristigen Erhalt der bis zu Projektbeginn stark degradierten Offenlandlebensräume (vor allem Heiden, Sandrasen und Pionierfluren mit Silbergras). Viele regionale und überregionale Kooperationspartner haben das Projekt fortlaufend unterstützt und engagiert zum Gelingen des großflächigen Naturschutzprojektes beigetragen: unter ihnen die Verwaltung des Biosphärenreservats Mittelelbe, der Bundesforstbetrieb Mittelelbe, das Landesverwaltungsamt, das Landesamt für Umweltschutz, die Untere Naturschutzbehörde Wittenberg sowie das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Anhalt (ALFF).

Die Managementeffekte auf die Zielarten der Heide- und Sandrasenökosysteme sind bemerkenswert. So konnte sich der Wiedehopf wieder ansiedeln. Im Jahr 2017 wurden bereits 15 Brutpaare nachgewiesen (A.Schonert, unveröff. Daten). Seit Projektbeginn haben sich die Zahlen des Ziegenmelkers und der Heidelerche auf jeweils über 100 Brutpaare versiebenfacht bzw. verdreifacht. Beide Arten sind Arten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie. Diese und zahlreiche weitere Vogelarten des Offenlands profitieren maßgeblich von dem verbesserten Nahrungsangebot sowie den verbesserten Habitatstrukturen. Diese Ergebnisse stehen im deutlichen Gegensatz zum langjährigen Abwärtstrend bei den Vogelarten der Agrarlandschaften in Europa. Hier sind die Feldvögel im Zeitraum 1980 bis 2014 um 57 % zurückgegangen ( www.ebcc.info/index.php?ID= 613).

In den ehemals durch das Land-Reitgras vollständig dominierten Beständen haben sich die Zahlen der Pflanzenarten signifikant gesteigert, insbesondere die der lebensraumtypischen Zielarten sowie einer großen Zahl gefährdeter Arten. Darüber hinaus siedelten sich Pflanzen- und Pilzarten neu an, die in Sachsen-Anhalt als ausgestorben galten, z.B. die Ästige Mondraute ( Botrychium matricariifolium ) und die Punktierte Porenscheibe ( Poronia punctata ) (unveröff. Daten des Landesfachausschusses Mykologie). Die Ästige Mondraute etabliert sich vor allem in den von den Rindern und Pferden geschaffenen Weidetierpfaden. Die Punktierte Porenscheibe kommt speziell auf dem medikamentenfreien Dung der Weidetiere vor.

Anlässlich der Preisübergabe möchten alle Beteiligten an die außerordentlich für das Beweidungsprojekt engagierte Professorin Birgit Felinks erinnern, die viel zu jung vor drei Jahren verstorben ist.

Kontakt

Antje Lorenz, Hochschule Anhalt, Bernburg

antje.lorenz@hs-anhalt.de

Gerd Bauschmann, Weidewelt e.V., Wetzlar

weidewelt@aol.com

Stefan Reinhard, Primigenius gGmbH, Osternienburger Land, OT Wulfen

primigeniusgGmbh@t-online.de

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