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Europa als Lehrinhalt in der ­Landschaftsarchitektur

1. Vorbemerkung
Europäische Ziele, Gesetze und Strategien bestimmen zunehmend nationale Regelungen. Im Bereich der Landschaftsarchitektur betrifft das vor allem die europäische Umweltgesetzgebung (z.B. Natura 2000, Wasserrahmenrichtlinie, Strategische Umweltprüfung, spezielle artenschutzrechtliche Prüfung ...), aber auch Baunormen, Vorgaben zum Einsatz und zum Recycling von Materialien oder das weite Feld des Wettbewerbsrechts und der Ausschreibungen. Gleichzeitig werden durch einheitliche europäische Regelungen auch die Perspektiven für eine berufliche Tätigkeit innerhalb Europas gefördert.

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Ziele, Strategien und Gesetze

Von Markus Reinke, Christina Kühnau und Monika Brunnhuber

Für die Arbeit von Landschaftsarchitekten in Deutschland (und allen Nationalstaaten der EU) sind fundierte Kenntnisse der europäischen Vorgaben von entscheidender Bedeutung, insbesondere aus fachlicher, aber auch aus berufspolitischer Sicht. In der Hochschulausbildung von Landschaftsarchitekten müssen europäisch relevante Themen daher zukünftig einen wesentlichen Raum innerhalb des Lehrangebots einnehmen.

2. Das Projekt „EU-Teach“

Entsprechende Standards, was europäisch relevante Lehrinhalte in der Ausbildung von Landschaftsarchitekten sein müssen, bestanden bislang jedoch noch nicht. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt Implementation of relevant European teaching contents in the studies of landscape architecture („EU-Teach“) zielt daher darauf ab, Kenntnisse über europäische Ziele und Vorgaben stärker in der Hochschulausbildung von Landschaftsarchitekten zu verankern und Standards für die Ausbildung zu entwickeln. Projektpartner sind die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die Universitäten Kassel, Sheffield und Corvinus Budapest sowie der Fachverband der Europäischen Hochschulen ECLAS (European Council of Landscape Architecture Schools). Mit der Einbindung des europäischen Berufsverbandes der Landschaftsarchitekten EFLA (European Foundation of Landscape Architects) wird die praxisnahe Ausgestaltung des Projektes sichergestellt.

Das Projekt umfasst im Wesentlichen drei aufeinander bauende Arbeitsschritte:

die Ermittlung der relevanten europäischen Lehrinhalte in der Landschaftsarchitektur in Form einer Checkliste,

eine Analyse des Lehrangebots der beteiligten vier Hochschulen, basierend auf dieser Liste,

Empfehlungen für den Aufbau eines Ausbildungsclusters.

3. Liste der relevanten europäischen Ausbildungsinhalte

Innerhalb der vier beteiligten Universitäten wurden unter Einbeziehung aller Fachbereiche, die zur Landschaftsarchitektur gehören, europäisch relevante Lehrinhalte gesammelt, wobei „europäisch“ in politischem Zusammenhang (Council of Europe) definiert wurde. Damit werden nicht nur die bislang 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern u.a. auch die europäischen Beitrittskandidaten erfasst. Über ECLAS und EFLA wurden weitere Hochschulen und Praktiker einbezogen. Die erste Sammlung ergab eine Fülle an möglichen Lehrinhalten, wobei sich hier bereits die Schwerpunktsetzung der einzelnen Länder bzw. Universitäten abzeichnete (s. Punkt 4). Einige der Vorgaben betreffen zudem nur einzelne europäische Länder (z.B. Alpenkonvention). Dazu kommen – über europäische Vorgaben hinaus – internationale Strategien und Verträge, die erheblichen Einfluss auf Europa haben (z.B. Convention on Biological Diversity).

Mitte April 2011 konnte eine abgestimmte „Liste von europäisch relevanten Lehrinhalten in der Landschaftsarchitektur“ an die Europäische Union (Education, Audiovisual and Culture Executive Agency, EACEA) weiter gegeben werden. Sie steht im Download-Bereich der Projekthomepage allen Interessierten zur Verfügung ( http://www.eu-teach.eu/downloads/ ).

Inhaltlich betrachtet sie sich als Rahmen für die Ausbildung von Landschaftsarchitekten in Europa. Denn trotz weit reichender europäischer Vorgaben müssen die Besonderheiten der jeweiligen europäischen Länder respektiert werden. Daher ist die Liste nicht als der Beginn einer „Gleichmacherei“ in den Lehrplänen zu werten, sondern vielmehr als Möglichkeit, die Stärken und Besonderheiten einzelner Hochschulen zu fördern (s. Punkt 4).

Strukturell betrachtet die Liste sechs verschiedene Arbeitsfelder von Landschaftsarchitekten. Sie orientiert sich damit am so genannten Tuning document von ECLAS – LE:NOTRE (Tuning Landscape Architecture Education in Europe, 2010, s. http://www.le-notre.org/ ), entwickelt dieses aber weiter unter dem Blickwinkel spezifisch europäischer Lehrinhalte.

Neben Kenntnissen zu europäischen Grundlagen (Verwaltung, Gesetzgebung, Europäische Geschichte) werden die folgenden Arbeitsfelder unterschieden:

Theory and methodology in landscape architecture

Strategic landscape planning and design, landscape management (including landscape impacts of infrastructure projects, management of cultural land­scapes, protection and development of nature, species and visuals)

Open space planning and design

Conservation and management of historical parks and gardens

Landscape construction

Participatory planning

Information technologies in landscape architecture

Professional practice of landscape architecture in Europe

Für jeden der Bereiche werden in Form einer Checkliste neben der Definition des Arbeitsfeldes europäisch relevante Themen (z.B. Biodiversität, Stadtumbau im Nachhaltigkeitsprinzip) sowie die wesentlichen Ziel- und Strategiepapiere Europas zu diesen Themenbereichen aufgelistet. Unter dem Punkt Umsetzung (implementation) werden Kenntnisse über die rechtsverbindlichen Dokumente (directives), europäische Fördermöglichkeiten sowie Netzwerke beispielhaft dargestellt.

4. Analyse des Lehrangebots

Im folgenden Arbeitsschritt (Abschluss Juli 2011) wird das bisherige Lehrangebot der vier beteiligten Universitäten daraufhin untersucht, inwiefern die in der Liste erfassten europäisch relevanten Lehrinhalte bereits vermittelt werden. Im Rahmen der Analyse wird von Seiten der Universitäten darüber hinaus auch eine Einstufung der Priorität der Themen getroffen (Themen, die in jedem europäischen Land unbedingt zu lehren sind, z.B. Natura 2000, bzw. Themen, die weniger wichtig sind und ggf. nur einzelne Länder betreffen, z.B. europäische Gesetzgebung zum Mittelmeer). Weiterhin erfolgt eine Einstufung nach der Lehrstufe (grade), d.h. die Einschätzung, ob die jeweiligen Themen bereits im Bachelor- oder erst im Masterlevel vermittelt werden sollten. Der Berufsverband EFLA wird diese Einschätzung ebenfalls aus Sicht der beruflichen Praxis vornehmen.

Aufgrund der Fülle von Inhalten ist absehbar, dass die Universitäten nicht jeden der aufgelisteten Lehrinhalte vollständig abdecken (können). Es ist allerdings auch nicht Ziel der Analyse, eventuelle Defizite in den bisherigen Lehrplänen aufzudecken. Vielmehr soll mit der Analyse ermittelt werden, welches die grundlegenden europäisch relevanten Themen sind, die in jeder Universität in Europa in der Hochschulausbildung von Landschaftsarchitekten unbedingt vermittelt werden sollten. Die darüber hinausgehenden Themen können Stärken bzw. fachspezifische Schwerpunkte der einzelnen Universitäten bilden, die diese gezielt als besonderes Profil bzw. Angebot in ein europaweites Ausbildungscluster einspeisen könnten (siehe Punkt 5). Bereits bei der Aufstellung der Liste der europäisch relevanten Lehrinhalte zeichneten sich unterschiedliche Schwerpunktsetzungen der beteiligten Universitäten ab, was auch traditionell aus den „nationalen Schulen“ der Landschaftsarchitekturausbildung begründet ist. Innerhalb der Analyse werden die Universitäten sowohl ihre bestehenden als auch von ihnen angestrebte Schwerpunkte herausarbeiten.

5. Ausbildungscluster, Ausblick

Wie auch in anderen Disziplinen steigt der Umfang des zu vermittelnden Fachwissens in der Landschaftsarchitektur kontinuierlich an. Die Arbeitsfelder differenzieren sich zudem stärker, in den einzelnen Bereichen ist vertieftes Spezialwissen nötig. In der Zukunft wird kaum eine der europäischen Hochschulen in der Ausbildung der Landschaftsarchitektur alle Themen anbieten können. Um dennoch europaweit Studenten den Zugang zu dem notwendigen Wissen zu verschaffen, ist die Entwicklung von Ausbildungsclustern (Ausbildungsverbünden) denkbar. Einzelne Hochschulen speisen – entsprechend ihren spezifischen Themenschwerpunkten – Ausbildungsbausteine in das Cluster ein, auf die Studenten, die sich mit dem speziellen Thema auseinandersetzen möchten, zugreifen können und die ihnen innerhalb ihrer Hochschulausbildung auch als Studienleistung anerkannt werden.

Mit den Vorbereitungen für ein solches Ausbildungscluster endet das Projekt EU-Teach Ende Oktober 2011. In einem Folgeprojekt sollen die Ergebnisse und der Aufbau des Ausbildungsclusters mit einer deutlich höheren Anzahl von Partnern vertieft bearbeitet werden.

Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. Markus Reinke, Dr. Christina Kühnau, Dipl.-Ing. (FH) Monika Brunnhuber, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Institut für Landschafts­architektur, FGW, Am Weihen­stephaner Berg 17, D-85350 Freising-Weihenstephan, E-Mail christina.kuehnau@hswt.de, Internet http://www.eu-teach.eu.

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