Kohärenzsicherung für den Eremiten (Osmoderma eremita) blieb erfolglos
Die im Vorfeld der Beseitigung des FFH-Gebietes Lakomaer Teiche bei Cottbus (Land Brandenburg) konzipierte Kohärenzsicherungsmaßnahme für den Eremiten (Osmoderma eremita) ist gescheitert. In den Wald Große Zoßna waren Baumteile mit Höhlen verbracht worden, die möglicherweise vom Eremiten besiedelt waren. Doch schon angesichts der offenkundig isolierten Lage des Waldes zur nächsten Eremiten-Population war der Misserfolg absehbar. Bei der Durchführung der Maßnahme wurden weitere Fehler begangen, so dass kritische Schlussfolgerungen zu ziehen sind.
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Kritischer Blick auf eine Verbringung in den Wald Große Zoßna
1 Einleitung
Aufgrund der 1992 in Kraft getretenen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG, FFH-RL) gehört die Baummulm bewohnende Käferart Eremit (Osmoderma eremita; Abb. 1) zu den streng geschützten Tierarten Deutschlands. Die einzelnen Individuen dürfen nicht gefangen, verletzt oder getötet werden und ihre Entwicklungsformen nicht aus der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört werden, die lokalen Populationen dürfen nicht „erheblich gestört“ werden, und die Fortpflanzungs- und Ruhestätten dürfen auch nicht aus der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört werden (§ 44 BNatSchG).
Auch im Gebiet der Lakomaer Teiche bei Cottbus (Brandenburg) war der Eremit nachgewiesen worden, weshalb es zu dieser Art einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung bedurfte, als im Zuge der Erweiterung eines Braunkohlentagebaus die Zerstörung des Gebietes planfestgestellt wurde. Beschwerden gegen das Vorhaben wurden gerichtlich zurückgewiesen (in letzter Instanz durch das OVG Berlin-Brandenburg; Beschluss vom 05.07.2007 – OVG 2 S 25.07). Der Weg zur Beseitigung des FFH-Gebietes Lakomaer Teiche war damit frei (Blochwitz & Bader 2012). Die Zerstörung wurde vollzogen.
2 Planung und Umsetzung der Kohärenzsicherungsmaßnahme
Aus dem FFH-Gebiet Lakomaer Teiche wurden vom Eremiten dem Anschein nach besiedelte und Höhlen aufweisende Baumteile in den etwa 15km entfernten, von Wiesen umgebenen und etwas über 2ha großen Eichen-Hainbuchen-Wald Große Zoßna (Abb. 2) verbracht (Gerstgraser & Zink 2012a). Auf einer Lichtung wurden Baumabschnitte an drei Stellen pyramidenartig aufgestellt (Abb. 3). Ein Stamm mit einer großen Höhle wurde etwas abseits unter dem Kronenschirm anderer Bäume aufgerichtet und mit Stahlseilen gesichert. Im Zuge eines Monitorings wurde ein ausfliegender Käfer beobachtet (Gerstgraser & Zink 2012a).
Die Wirksamkeit der Maßnahme war prognostiziert worden (Blochwitz & Bader 2012). Gerstgraser & Zank (2012a) behaupten, dass alle Kompensationsziele erreicht wurden, mithin auch die Maßnahme in der Großen Zoßna erfolgreich verlief, erbringen dafür aber nicht den Beweis.
3 Nachweis der gescheiterten Kohärenzmaßnahme und deren Ursachen
Der Verfasser hat den Wald Große Zoßna an vier Tagen in 2013 während des potenziellen Auftretens des Eremiten im Freien ab Anfang Juli bis Mitte August (Theunert 2015) aufgesucht. Hinweise auf ein noch bestehendes Eremitenvorkommen ergaben sich nicht. Auch wurden keine Kotpillen oder Chitinteile von Käfern gefunden.
Durch die standortbedingt starke Sonneneinstrahlung waren die Stammabschnitte bereits weitgehend ausgetrocknet. Für die Eremitenentwicklung waren sie nicht mehr geeignet, da der Mulm für die Puppen hinreichend durchfeuchtet sein muss (Stegner 2002). Nicht ausgeschlossen werden kann, dass schon bald nach dem Aufstellen die Milieubedingungen nicht mehr zuträglich waren. Eventuell vorhandene Larven und Puppen könnten deshalb verstorben sein.
Am Fuße einer Baumpyramide siedelte ein Volk der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena). Arbeiterinnen hatten ein großes Nest errichtet. Sie könnten auch Eremitenkäfer erbeutet haben. Der nahverwandte und nur wenig kleinere Variable Goldkäfer (Protaetia metallica) wird von den Arbeiterinnen der Kahlrückigen Waldameise abseits des Nestes angegriffen (Theunert 2012). Insofern könnte der Eremit zum Beutespektrum dieser Ameisenart gehören; zumindest jene Käfer, die sich bei Tageslicht im Freien aufhalten. Weitere Formica polyctena-Nester wurden nur 20 und 40m entfernt im Waldesinnern gefunden.
Die Maßnahme wurde ohne sichere Anbindung an eine bestehende und vor allem langfristig überlebensfähige Eremiten-Population vorgenommen. Für sechs in der Großen Zoßna stehende Bäume vermuten Gerstgraser & Zank (2012b) zwar eine Besiedlung („Verdachtsbäume“), doch ein Vorkommen hier wäre weithin isoliert. Der Eremit kann offenbar nur geringe Strecken überwinden, wobei sich der Käfer über freies Gelände und über mehrere hundert Meter kaum fliegend auszubreiten scheint (Strzelczyk et al. 2013). Zur Abgrenzung einer Metapopulation werden 500m als theoretisch von einem einzelnen Käfer überbrückbar angesetzt (Meitzner & Schmidt 2012). Die extrem geringe Dispersionsrate hat erhebliche Konsequenzen für die Gefährdung des Eremiten (Stegner 2002).
Da das kleine Waldgebiet Große Zoßna auf allen Seiten auf mehreren hundert Metern Tiefe von Wiesen umgeben ist, kann kein Eremitenkäfer zu dem Wald gelangen und im Umkehrschluss auch kein Käfer aus dem Wald heraus anderenorts einen bereits besiedelten oder wenigstens besiedlungsfähigen Baum finden. Die in den Wiesen stehenden Baumreihen und –gruppen und weitere kleine Waldgebiete sind als Trittsteine nicht geeignet. In ihnen befand sich kein oder zumindest kein für die Entwicklung von Eremiten geeigneter Mulm.
4 Schlussfolgerungen
Das Waldgebiet Große Zoßna war für die durchgeführte Umsiedlung ungeeignet. Dass
1. ein Gebiet ohne nachgewiesene Anbindung an eine (langfristig überlebensfähige) Eremiten-Population ausgewählt wurde,
2. offenbar nicht geprüft wurde, ob Nester von Ameisen im nahen Umfeld vorhanden sind, deren Arbeiterinnen Eremitenkäfer erbeuten könnten,
3. die pyramidenartig aufgestellten Stammabschnitte voll der Sonne ausgesetzt wurden, was das Austrocknen derselben förderte und zum Absterben im Innern möglicherweise vorhandener Eremitenlarven und -puppen geführt haben könnte, lässt Kritik an den verantwortlichen Planern und Behörden nicht verstummen, auch nicht am abschließend urteilenden Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
Literatur
Blochwitz, C., Bader, D. (2012): Kohärenzsicherungsmaßnahmen für den Verlust des FFH-Gebietes Lakomaer Teiche. Natursch. Landschaftspfl. Bbg. 19 (1/2), 64-74.
Gerstgraser, C., Zank, H. (2012a): Kompensation der Beseitigung eines FFH-Gebiets am Beispiel des FFH-Gebiets Lakomaer Teiche, Brandenburg. Naturschund und Landschaftsplanung 44 (10), 293-299.
–, Zank, H. (2012b): Diskussion Eremiten-Baumpyramiden – auf das Umfeld kommt es an. Naturschutz und Landschaftsplanung 44 (12), 381-382.
Meitzner, V., Schmidt, G. (2012): Verbreitung und Monitoring der in Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten Käferarten in Mecklenburg-Vorpommern. Natur Natursch. Mecklbg.-Vorp. 41, 122-131.
Stegner, J. (2002): Der Eremit, Osmoderma eremita (Scopoli, 1763) (Col., Scarabaeidae), in Sachsen: Anforderungen an Schutzmaßnahmen für eine prioritäre Art der FFH-Richtlinie. Ent. Nachr. Ber. 46 (4), 213-238.
Strzelczyk, P., Lorenz, J., Malaske, S. (2013): Erfassung des Eremiten (Osmoderma eremita Scopoli, 1763) zum Neubau einer Bundesstraße in Sachsen (Coleoptera, Scarabaeidae). Ent. Nachr. Ber. 57 (1/2), 81-82.
Theunert, R. (2012): Im Sturzflug ins Ameisennest. Bembix 33, 57-59.
– (2015): Pro Eremit! Beitr. Naturk. Nieders. 68 (2), 34-47.
1 Einleitung
Die Aufgabenstellung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung ist eindeutig: Flächen, die nicht mehr dem Naturhaushalt zur Verfügung stehen und deren Landschaftsbild beeinträchtigt wird, werden durch die Anwendung der Eingriffsregelung nach dem Baugesetzbuch kompensiert. In der Bauleitplanung werden die Begriffe Ausgleich und Ersatz zusammengefasst. Solange der Eingriff durch Bebauung besteht, muss grundsätzlich auch der Ausgleich bestehen (Fischer-Hüftle 2011). Bebauungspläne, die den Ausgleich nicht umgesetzt haben, könnten beklagt werden (Busse et al. 2013).
Vor diesem Hintergrund kommt nicht nur naturschutzfachlich, sondern auch baurechtlich einer korrekten Anwendung der Eingriffsregelung eine besondere Bedeutung zu. Während in der Vergangenheit vielfach die Berechnungsmethoden im Mittelpunkt wissenschaftlicher Analysen standen bzw. die Art der ausgewählten Ausgleichsformen (Busse et al. 2013, Pröbstl et al. 2007), befasst sich die vorliegende Arbeit mit der systematischen Betrachtung von allen rechtskräftigen und umgesetzten Bebauungsplänen in 38 Gemeinden eines Landkreises in Niederbayern, um Anhaltspunkte zum Umsetzungsgrad zu erhalten. Das Ergebnis müsste, da alle herangezogenen Bebauungspläne auch umgesetzt wurden, eigentlich bei 100% liegen. Die vorliegende Arbeit überprüft, ob und inwieweit die tatsächliche Umsetzung von dieser Quote abweicht.
Weiterhin soll in diesem Beitrag der Frage nachgegangen werden, ob bestimmte Einflussgrößen die Umsetzungsrate beeinflussen. Hierzu wurden folgende Hypothesen entwickelt:
Ausgleichsmaßnahmen, die näher an Siedlungsflächen liegen und die daher eher einer fachlichen oder sozialen Kontrolle unterliegen, werden eher umgesetzt.
Ausgleichsmaßnahmen, die einfach und kostengünstig herzustellen sind, werden eher umgesetzt.
Ausgleichsmaßnahmen, bei denen die Entwicklungsziele und die umzusetzenden Maßnahmen detailliert beschrieben sind, führen eher zur Umsetzung als solche mit unpräzisen Angaben in Festsetzung und Begründung.
2 Hintergrund und bisherige Erfahrungen
2.1 Rechtlicher Hintergrund
Die Geschichte der Eingriffsregelung beginnt mit ihrer gesetzlichen Einführung über das Bundesnaturschutzgesetz 1976. Bereits in den 1990er-Jahren beschäftigten sich erste Forschungsarbeiten mit der Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und formulierten Forderungen nach mehr Kontrollen (Dierssen & Reck 1998, Jessel 1996, Lambrecht 1996, MLUR 1999-2002, Schwoon 1997).
Der Begriff der Ausgleichsfläche wurde vor 1998 nur für Flächen verwendet, auf denen Ausgleichsmaßnahmen – nicht jedoch Ersatzmaßnahmen – festgelegt bzw. durchzuführen sind. Erst mit der BauROG-Novelle vom 01. Januar 1998 sind Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bauplanungsrechtlich gleich zu behandeln (vgl. BauGB § 200a) und werden seitdem überwiegend unter dem Begriff Ausgleichsmaßnahmen bzw. Ausgleichsflächen zusammengefasst. Neben dieser Änderung wurde auch die zeitliche und räumliche Entkopplung des Eingriffs und des Ausgleichs durch die § § 1a Abs. 3, 9 Abs.1a, 135 Abs. 2 und 200a BauGB geregelt, was die rechtliche Grundlage für die Einrichtung von Ökokonten schuf.
Bayern nahm als einziges Bundesland die Möglichkeit des zeitlich befristeten Aufschubs (bis Mai 1998) in vollem Umfang in Anspruch, wobei es den Gemeinden freigestellt war, die Regelungen auch sofort anzuwenden (Czermak 1996). Laut Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (1999) ist die Eingriffsregelung in Bayern ab dem 01. Januar 2001 verpflichtend anzuwenden. Für die Anwendung der Eingriffsregelung hat das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (2003) einen Leitfaden entwickeln lassen, der bis heute gilt. Mit dem Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau) vom 24. Juni 2004 wurde die Umweltprüfung (UP) für alle Bauleitpläne verpflichtend eingeführt (BGBl. I, Busse et al. 2013). Eine Ausnahme bilden nur Bebauungspläne der Innenentwicklung bis zu einem gewissen Schwellenwert (§ 13a BauGB). Dies ist hier insofern relevant, da die Eingriffsregelung nun auch im Rahmen der UP abzuhandeln ist (Busse et al. 2013).
Im Jahr 2006 hat der Bund durch die Föderalismusreform die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege erhalten und die davor geltende Rahmengesetzgebung abgeschafft. Seit dem 01. März 2010 gelten nun die verschiedenen Gesetze des BNatSchG und des BauGB, die – durch die Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29.07.2009 und des BauGB – den rechtlichen Hintergrund in Verbindung mit den föderalen gesetzlichen Regelungen für die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung darstellen (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit 2010). Eine detaillierte Übersicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Vorschriften und die praktische Anwendung der Eingriffsregelung bieten Busse et al. (2013).
Für die vorliegenden Fragestellungen ist jedoch relevant, wie es mit der rechtlichen Grundlage der Erfolgskontrolle aussieht und in welchen Zuständigkeitsbereich die Sicherung der Ausgleichsflächen fällt. Die Sicherung der Ausgleichsflächen regelt für fachbehördliche Zulassungsverfahren § 15 Abs. 4 BNatSchG: „Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.“
Um die Sicherung der Ausgleichsflächen zu gewährleisten, ist die Erfassung der Ausgleichsmaßnahmen in einem landesweiten Verzeichnis nach § 17 Abs. 6 BNatSchG seit 2010 für alle Bundesländer verpflichtend (Busse et al. 2013). Bayern hat bereits 1998 mit seinem Art. 6b Abs. 7 BayNatSchG die Einführung eines Ökoflächenkatasters geregelt. Das Ökoflächenkataster wird seit 1999 geführt und die Datenführung wurde im Laufe der Jahre stetig verbessert (Dannecker 2009). Die Ziele des Ökoflächenkatasters umfassen einerseits die Gewinnung eines Überblicks über die ökologisch bedeutsamen Flächen Bayerns sowie die vollständige Erfassung aller relevanten Ökoflächendaten und dienen andererseits auch als Grundlage bei Recherchen und statistischen Auswertungen u.a. zum Vollzug der Eingriffsregelung und zur Sicherung der naturschutzfachlichen Ziele auf den Grundstücken sowie zur Schaffung von Biotopverbundsystemen (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014).
Die Meldung der Ausgleichsflächen erfolgt durch die Genehmigungsbehörde an das Bayerische Landesamt für Umwelt. Im Falle der Bauleitplanung erfolgt die Mitteilung durch die Gemeinde (Art. 9 BayNatSchG). Probleme bereitet dabei, dass oft keine Meldung durch die Gemeinde bzw. die Genehmigungsbehörde erfolgt und dass die Sachdaten und Karten oft unvollständig sind (Dannecker 2009).
Wer für die Kontrolle der Ausgleichsflächen zuständig ist, ist rechtlich nicht sehr transparent geregelt. Laut § 17 Abs.7 BNatSchG unterliegt die Kontrolle der Ausgleichsflächen der Genehmigungsbehörde bzw. der Behörde, die selbst einen Eingriff durchführt: „Die nach Absatz 1 oder Absatz 3 zuständige Behörde prüft die frist- und sachgerechte Durchführung der Vermeidungs- sowie der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen. []“
Eine Genehmigungsbehörde im naturschutzrechtlichen Sinne gibt es aber nicht in der Bauleitplanung. Vielmehr ist die Bauleitplanung eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde. Damit wäre gemeindliche Selbstverwaltungstätigkeit formal lediglich der Kommunalaufsicht unterworfen. Art. 11 Abs. 1 BayNatSchG spricht zwar der Naturschutzbehörde eine Beteiligung bei Zulassungsverfahren in der Eingriffsregelung zu: „Die nach § 17 Abs. 1 BNatSchG für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde ist die Naturschutzbehörde der vergleichbaren Verwaltungsstufe. […]“
Demnach wäre die Untere Naturschutzbehörde für die „frist- und sachgerechte Durchführung [] der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen“ zuständig, soweit kein Fall des § 17 Abs. 1 BNatSchG (behördliche Genehmigung oder behördlicher Eingriff) vorliegt (§ 17 Abs. 7 BNatSchG).
Allerdings sind nach § 18 Abs.2 BNatSchG die § § 14 bis 17 BNatSchG auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches, während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches und im Innenbereich nach § 34 des Baugesetzbuches gar nicht anzuwenden. Insofern läuft Art. 11 Abs. 1 BayNatSchG für den Fall der Bauleitplanung leer. Damit kann die Naturschutzbehörde lediglich die Generalklausel des § 3 BNatSchG heranziehen, um zu prüfen, ob eine Gemeinde eine ihr nach Art. 9 BayNatschG obliegende Verpflichtung zur Übermittlung von Angaben über den Ausgleich in der Bauleitplanung erfüllt hat.
Wie und in welchem Umfang dies zu prüfen sei, ist jedoch nicht genauer geregelt. Ein entsprechender Leitfaden bzw. eine Handlungsanleitung ist vom Bayerischen Landesamt für Umwelt bisher nicht erstellt worden. Es wurde lediglich ein nach Jessel (2002) abgewandeltes Prüfschema herausgegeben (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2006).
Unabhängig von der Kontrollpflicht besteht die Möglichkeit, gegen einen Bebauungsplan, dessen Ausgleichsflächen nicht umgesetzt wurden, zu klagen. Durch das Prinzip der Solidargemeinschaft trifft dies – insbesondere bei Sammelausgleichsmaßnahmen und dann, wenn Bauwerber keine (Teil-)leistungen bezogen auf die Ausgleichspflicht erbringen müssen – in der Regel die Gemeinde.
2.2 Bisherige Erfahrungen mit der Nachkontrolle von Ausgleichsflächen
In einigen Bundesländern wurden bereits Kontrollen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt. Die verschiedenen Kontrolluntersuchungen weisen auf deutliche Mängel bei der Umsetzung hin (Tab. 1).
Auch andere Forschungsarbeiten spiegeln dieses Ergebnis wider (Dierssen & Reck 1998, Voigtländer 2004, Werking-Radtke 2003). Schmidt et al. (2004) haben die häufigsten Ursachen für eine nicht fachgerechte Umsetzung an 117 Teilflächen untersucht. Diese reichen von
Planungsfehlern (z.B. ersteinrichtende Maßnahmen nicht auf das Entwicklungsziel abgestimmt, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen fehlend oder nicht auf das Entwicklungsziel abgestimmt, nicht angepasst an die Standortbedingungen (Wasser- und Nährstoffhaushalt, keine Spenderbiotope, Pufferzonen, Flächengröße), mehrdeutige Festsetzung zu Herstellung und/oder Pflege) über
Herstellungsfehler (z.B. fehlerhafte Umsetzung der ersteinrichtenden Maßnahmen, ersteinrichtende Maßnahmen nicht vollständig umgesetzt) bis hin zu
Pflegefehlern (z.B. fehlerhafte Umsetzung der Pflegemaßnahmen, Pflegemaßnahmen nicht vollständig umgesetzt).
Um die Umsetzungsrate und die Qualität der Ausgleichsflächen zu verbessern, findet man vielfach die Forderung nach umfangreichen Kontrollen (Bauriegel et al. 2000, Deutscher Rat für Landespflege 2003, Jessel 2002, Tesch 2003). Auch das Bayerische Landesamt für Umwelt (2006: 12ff.) sieht die Kontrolle als „zentrale(n) Baustein der Qualitätssicherung“ und hat ein „Prüfschema für Erfolgskontrollen bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ nach Jessel (2002) zusammengestellt. Diese Hinweise wurden als Grundlage für die hier eingesetzte Methode verwendet.
3 Methode
3.1 Auswahl der Kontrollmethoden
Das Thema Erfolgskontrolle im Naturschutz ist sehr unterschiedlich definiert. Die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich alle auf die Kontrolle von landschaftspflegerischen Maßnahmen bzw. Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung (Blank 2006, Conrad 2006, Egner 1999, Tesch 2003, Tischew et al. 2004). Nachdem in der Literatur die verschiedenen Begriffe teilweise synonym verwendet werden und missverständlich sind, sind nachstehend die verschiedenen Aspekte im Rahmen der Eingriffsregelung definiert und beschrieben (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2006, Jessel 2006, Tesch 2003).
Plan- oder Verfahrenskontrolle überprüft die Anwendung der Eingriffsregelung innerhalb des Verfahrens (z.B. im Rahmen der Bauleitplanung oder landschaftspflegerischen Begleitplanung (LBP)) auf kontrollfähige Angaben hinsichtlich Ermittlung des Ausgleichsbedarfs, Entwicklungszielen, naturschutzfachlicher Funktionalität des Ausgleichs unter Berücksichtigung von Art, Umfang, Lage, Ausgangszustand und Zielzustand (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2006, Jessel 2006, Pröbstl et al. 2007).
Herstellungs-, Durchführungs- oder Umsetzungskontrolle dient zur Prüfung der Durchführung der Maßnahmen im Hinblick auf Flächengröße, Pflanzarbeiten, Lage der Fläche, Zeitpunkt der Maßnahmendurchführung etc. (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2006, Jessel 2006).
Funktions-, Wirkungs-, Entwicklungs- bzw. Zielerreichungskontrolle soll die Funktion bzw. Wirkung der Maßnahme bezüglich des angestrebten Zielzustands prüfen (Jessel 2006). Dies betrifft z.B. die Wirksamkeit für bestimmte Artengruppen, etwa die Annahme eines hergestellten Laichgewässers durch Amphibien durch Darstellung des Reproduktionserfolgs.
Effizienzkontrolle bewertet den Mitteleinsatz im Verhältnis zum erzielten Nutzen bzw. Erfolg einer Maßnahme (Jessel 2006). Dies ist im Zusammenhang mit der Eingriffsregelung dann relevant, wenn es z.B. um die Beseitigung eines Stauwehres geht und mit einer örtlich begrenzten Maßnahme weitreichende Effekte für das Ökosystem Fließgewässer (z.B. Wanderungen für Fische, Durchgängigkeit und Besiedelbarkeit von Teilflächen) bzw. eine sehr hohe Effizienz durch kleinflächige Maßnahmen erzielt werden kann. Diese hohe Effizienz könnte z.B. im Zusammenhang mit der Abwägung Berücksichtigung finden (Busse et al. 2013).
Die vorliegende Studie betrachtet ausschließlich die Erfolgskontrolle, die sich auf die Kontrolle der Herstellung und Durchführung bzw. Umsetzung bezieht. Planung sowie Funktionen bzw. Effizienz werden nicht betrachtet. Zur Anwendung kommt eine modifizierte Fassung der Bewertung nach Tischew et al. (2004). Die Lage der Ausgleichsflächen wird auf Grundlage der Planungen dokumentiert und einem aktuellen Luftbild der Bayerischen Vermessungsverwaltung zur Orientierung gegenüber gestellt. Von allen Ausgleichsflächen werden Fotos zur Beweissicherung angefertigt. Die Bewertung erfolgt im Gelände anhand eines Soll-Ist-Vergleichs, das bedeutet, dass der Ist-Zustand mit dem im Bebauungsplan festgelegten Zielzustand verglichen wird. Das Ergebnis dieses Vergleiches spiegelt sich dann in einer 5-stufigen Bewertungsmatrix zu Qualität und Flächengröße wider (Abb. 1).
Da die Flächen ganz unterschiedliche Größen aufweisen, wurde die Beurteilung anhand der prozentualen Umsetzungsfläche bewertet und mittels der in Tab. 2 aufgeführten Kriterien den fünf Wertstufen zugeordnet.
Damit können auch Umsetzungen von Teilflächen erfasst werden. Die Bewertung der Qualität erfolgt ebenfalls nach einer 5-stufigen Ordinalskala. Die Bewertung erfolgte dahingehend, dass die Festsetzung als Ziel-Zustand festgelegt wird und mit dem Ist-Zustand der Ausgleichsfläche verglichen wird. Der Entwicklungszeitraum wird ebenfalls berücksichtigt. Die beste Wertstufe vier bedeutet darum nicht, dass der Zielzustand erreicht ist, sondern nur, dass die Maßnahmen entsprechend durchgeführt wurden und die Entwicklung dem Zeitraum entspricht. Für die Charakterisierung des Ist-Zustands werden nur floristische und strukturelle Erhebungen durchgeführt. Faunistische Erhebungen werden nicht unternommen. Einfluss auf die Bewertung haben die vorgefunden Arten, die Vitalität und der Entwicklungszustand der Pflanzen bzw. Biotoptypen. Tab. 3 bietet einen Überblick über die fünf Bewertungskategorien der Qualität.
Abb. 2 zeigt einen bearbeiteten Bewertungsbogen als Beispiel für die Bewertung und Dokumentation. Alle Angaben zum Bebauungsplan, Flurnummer, Gemarkung, Gemeinde, Jahr, Zielsetzung sowie das Foto des Plans wurden den Bebauungsplänen, die im Landratsamt Passau aufbewahrt werden, entnommen. Die Luftbilder stammen von der Bayerischen Vermessungsverwaltung.
Für die Überprüfung der Hypothesen wurde der Chi-Quadrat-Test angewendet, um einen möglichen Zusammenhang zu bestätigen oder zu verwerfen. Damit ein aussagekräftiger Test möglich war, wurden die fünf Kategorien in drei Gruppen (keine Umsetzung, mittlere Umsetzung und gute bzw. sehr gute Umsetzung) zusammengefasst.
3.2 Auswahl der Testregion und Ableitung der Stichprobe
Um eine begründete Aussage im Hinblick auf die Umsetzung der Eingriffsregelung und ihrer Ausgleichsmaßnahmen treffen zu können, ist es erforderlich, nicht nur einzelne Bebauungspläne, sondern einen ganzen Landkreis zu betrachten. Weiterhin sollte es sich um einen eher ländlichen Raum handeln, der eine für Bayern charakteristische Struktur aufweist. Aufgrund dieser Merkmale und der Größe fiel die Wahl auf den Landkreis Passau. Mit 185671 Einwohnern auf 1530,29km² gehört der Landkreis sowohl in Bezug auf Flächengröße (Rang 3) als auch Einwohnerzahl (Rang 6) zu den größten Landkreisen des Freistaats Bayern (Statistisches Bundesamt 2014). Wie fast ganz Bayern, mit Ausnahme der großen Städte, ist auch der Landkreis Passau überwiegend ländlich strukturiert.
Er besteht aus 38 Gemeinden unterschiedlichster Flächengröße, Einwohnerzahl und Naturraumausstattung. Daher wurden gezielt Gemeinden aus allen sechs naturräumlichen Einheiten ausgewählt (Einteilung nach Meynen & Schmithüsen 1953-62).
Da die meisten Bebauungspläne aus den vergangenen 15 Jahren vielfach noch nicht digital vorlagen und nicht alle Flächen im Ökoflächenkataster enthalten sind, wurden alle im Landratsamt Passau vorliegenden Bebauungspläne durchgesehen. Bei der Durchsicht der Bebauungspläne wurden nur diejenigen erfasst, die vor dem Jahr 2009 genehmigt wurden und damit mindestens fünf Jahre alt sind. Diese Zeitspanne ist im Hinblick auf die Entwicklungsdauer der Maßnahmentypen wichtig, um die Ausfallrate und Fehleinschätzungen an den zu untersuchenden Flächen zu minimieren (es dauert mehrere Jahre, bis der angestrebte Entwicklungszustand je nach Maßnahmentyp und Ausgangszustand erkennbar ist). Zusätzlich war es notwendig, Bebauungspläne neueren Datums zu überprüfen, da diese auch Ausgleichsflächen von bereits genehmigten Bebauungsplänen verändern bzw. verlegen könnten. Dies war bei immerhin vier Bebauungsplänen der Fall. Insgesamt wurden die Festsetzungen von 106 Bebauungsplänen von 25 Gemeinden analysiert.
Im Anschluss erfolgte eine Überprüfung des Eingriffs (d.h. es wurde überprüft, ob der Bebauungsplan auch umgesetzt wurde), da es trotz dieser Zeitspanne sein kann, dass der Eingriff noch nicht realisiert worden ist und damit die Umsetzungspflicht der Ausgleichsmaßnahmen noch nicht besteht. Die Überprüfung wurde anhand von Luftbildaufnahmen aus den Jahren 2010 und 2013 des Bayern Viewers des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung durchgeführt. Bei 15 Bebauungsplänen war noch kein Eingriff erfolgt, darunter auch der einzig erfasste Bebauungsplan einer Gemeinde. Damit beläuft sich die Stichprobe auf 91 Bebauungspläne von 24 Gemeinden. Insgesamt betrafen die Bebauungspläne 105 Flächen, allerdings konnten 17 Flächen nicht beurteilt werden, weil sie durch Zäunung nicht zugänglich waren oder die Flächen frisch gemäht waren. Damit basieren die nachstehend dargestellten Ergebnisse auf 88 Ausgleichsflächen und Maßnahmen. Nicht untersucht wurde, ob Umsetzungsunterschiede zwischen Sammelausgleichsmaßnahmen der Gemeinde und von den Bauherrschaften umzusetzenden Ausgleichsmaßnahmen bestehen.
4 Ergebnisse
4.1 Überblick
Die Gesamtauswertung aller geprüften und bewerteten Ausgleichsflächen ergab ein kritisches Ergebnis, da 44% der Ausgleichsflächen nicht umgesetzt worden waren und nur 24% als gut oder sehr gut eingestuft werden konnten (Tab. 4).
Eine differenzierte Analyse zeigt, dass weder bei der Qualität noch bei der flächenmäßigen Umsetzung die Festsetzungen mehrheitlich eingehalten wurden. Die Ergebnisse der qualitativen Umsetzung fallen zwar etwas besser aus, allerdings weisen dennoch nur 32% der Flächen keine oder nur geringe Abweichungen bei der Qualität auf. Bei knapp 50% der Flächen wurden keine Maßnahmen bzw. die Maßnahmen mit beträchtlichen Abweichungen umgesetzt.
4.2 Unterschiede bezogen auf bestimmte Ausgleichsmaßnahmen
Zu berücksichtigen ist auch, dass auf jeder Fläche meist verschiedene Zielbiotope festgesetzt wurden. Daher waren für die 88 Flächen insgesamt 194 Maßnahmen zu prüfen. Wie man anhand Tab. 5 sieht, nehmen drei der 19 Biotoptypen zusammen 42% der festgesetzten Maßnahmen ein. Dabei handelt es sich um das Entwicklungsziel „Hecke“ mit 15%, das Entwicklungsziel „Extensiv-Grünland“ mit 16% und das Entwicklungsziel „Streuobstbestand“ mit 11%.
Es zeigt sich folglich eine deutliche Präferenz für bestimmte Zielbiotope durch die Gemeinden in Zusammenarbeit mit den Planern. Vor diesem Hintergrund interessiert, ob diese Präferenz auch Einfluss auf den Umsetzungsgrad hatte. Dazu wurden die Maßnahmen und Biotoptypen in Grünland-bezogene Maßnahmen und Gehölz-bezogene Maßnahmen gruppiert.
Abb. 3 zeigt, dass die Festsetzung eines bestimmten Biotoptyps keinen Einfluss darauf hat, ob die Ausgleichsfläche umgesetzt wird. Nur 24% der Maßnahmen der Gruppe „Gehölzpflanzung“ wurde gut bzw. sehr gut umgesetzt und ganze 46,5% wurden überhaupt nicht umgesetzt. Die Gruppe „Grünland“ schneidet mit 32% bei der guten bzw. sehr guten Umsetzung und 40% bei der Wertstufe „keine Umsetzung“ etwas besser ab.
Die Anwendung des Chi-Quadrat-Tests zeigte, dass zwischen den beiden Merkmalen tatsächlich kein Zusammenhang besteht (0,394 > 0,05). Das bedeutet, dass, obwohl bestimmte Ausgleichsmaßnahmen bevorzugt werden, die Auswahl keinen Einfluss auf die Art und Häufigkeit der Umsetzung hatte.
4.3 Einfluss der Planungsqualität
Anschließend wurde der Datensatz auch dahingehend betrachtet, ob die Ausgleichsmaßnahmen dann eher umgesetzt wurden, wenn die Angaben in Festsetzungen und Begründung besonders detailliert und präzise vorlagen.
Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden die Festsetzungen der beurteilten 88 Flächen in die Gruppen „präzise“ und „unpräzise“ eingeteilt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich bei der Gesamtbewertung kaum Unterschiede ergeben. Die gute und sehr gute Umsetzung liegen bei der „präzisen Beschreibung und Festsetzung“ um 4% höher als bei der „unpräzisen Beschreibung und Festsetzung“. Da bei der Gesamtbetrachtung jedoch nicht nur die Qualität, sondern auch die flächenmäßige Umsetzung in die Beurteilung mit eingeflossen ist, wurde die Qualität noch einmal gesondert überprüft. Es zeigt sich allerdings, dass hier die Unterschiede sogar noch geringer sind. Die Anwendung des Chi-Quadrat-Tests belegt, dass insgesamt kein Zusammenhang besteht (Signifikanz mit 0,927 >0,05).
4.4 Einfluss siedlungsnaher Standorte
Abschließend wurde der mögliche Einfluss der Siedlungsnähe untersucht. Zu den siedlungsnahen Ausgleichsflächen zählen alle Ausgleichsflächen, die maximal 500m Luftlinie von einem Siedlungsgebiet entfernt sind. Wie Abb. 4 zeigt, fallen die Ergebnisse bei den siedlungsnahen (≤500m) Ausgleichsflächen etwas besser aus als bei den weiter entfernt liegenden Flächen. Die Flächen, auf denen keine Maßnahmen umgesetzt wurden, nehmen bei den siedlungsnahen 41% und bei den entfernter liegenden immerhin 55% ein. Sehr gut umgesetzt wurden bei beiden nur 10% der Flächen.
Der Chi-Quadrat-Test zeigt, dass die asymptotische Signifikanz mit 0,927 größer als das Signifikanzniveau von 0,05 ist. Die Hypothese, dass siedlungsnahe Ausgleichsflächen mehr Aufmerksamkeit erhalten und daher zu höheren Anteilen korrekt umgesetzt werden, bestätigt sich damit ebenfalls nicht.
5 Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse bestätigen die Tendenzen, die wissenschaftliche Arbeiten zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen bereits in den 1990er-Jahren aufzeigten, dass ohne eine Kontrolle die Umsetzungsrate und Qualität von Ausgleichsmaßnahmen erschreckend gering sind.
Auch mögliche Einflussgrößen, wie die Siedlungsentfernung, der Maßnahmentyp oder die Detailliertheit von Festsetzungen und Maßnahmenbeschreibung in der Begründung, sind hier offensichtlich ohne Einfluss. Im Zusammenhang mit der aktuell vorgesehenen Neuregelung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung und deren Anpassung an die Bayerische Kompensationsverordnung sollte daher auch dem Vollzug und der Nachkontrolle Augenmerk geschenkt werden. Hierfür könnten verschiedene Lösungen realisiert werden. So wäre die Ankündigung stichprobenartiger Kontrollen einzelner Landkreise oder Gemeinden ein erster Schritt, um die korrekte Umsetzung positiv zu beeinflussen. Da an den Landratsämtern (untere Naturschutzbehörden) für intensive Kontrollen meist das nötige Personal fehlt, könnte diese Aufgabe an Sachverständige ausgelagert werden, um eine Kontrolle aller festgesetzten Ausgleichsflächen in regelmäßigen Intervallen zu gewährleisten.
Zu überlegen wäre auch, dass die Gemeinden verpflichtet werden, eine Bilddokumentation des umgesetzten Ausgleichs zur Verfügung zu stellen. Hierbei sind die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich dadurch ergeben, dass es sich bei der Bauleitplanung um eine gemeindliche Selbstverwaltungsaufgabe handelt.
Dringend erforderlich ist auch die Prüfung des Ökoflächenkatasters, da aufgefallen ist, dass die Eintragung der Flächen nicht immer vollständig erfolgt ist, so ist z.B. von einem zehn Jahre alten Bebauungsplan nur eine von zwei Flächen im Ökoflächenkataster eingetragen.
Literatur
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